Letzte Verhandlungen

Die Weltklimakonferenz geht in die Schlussrunde. Doch noch immer sind viel Fragen ungeklärt. Der Erwartungsdruck ist hoch, es geht um Fragen der Finanzierung und um konkrete Zielvorgaben.

Appell auf der Klimakonferenz: „Kampf unseres Lebens“


Im Endspurt der Weltklimakonferenz in Glasgow hat UN-Generalsekretär Antonio Guterres die rund 200 Staaten ermahnt, in den Verhandlungen mehr Ehrgeiz und Kompromissbereitschaft zu zeigen. Zudem müssten alle Länder „radikal“ ihren Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase drosseln. „Dies ist der wichtigste Kampf unseres Lebens“, sagte er am Donnerstag vor dem Plenum.

„Jedes Land, jede Stadt, jede Firma, jede Finanzinstitution muss radikal, glaubwürdig und nachvollziehbar ihre Emissionen runterfahren und ihre Portfolios entsprechend bereinigen – und zwar ab jetzt“, forderte Guterres. Anders sei das gemeinsame Ziel nicht zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die bisherigen Versprechen vieler Länder klängen hohl, wenn die Öl-, Gas- und Kohleindustrie weltweit immer noch Billionen an Subventionen erhalte. „Oder wenn Staaten immer noch Kohlekraftwerke bauen. Oder wenn Treibhausgasemissionen immer noch keinen Preis haben – was Märkte und Investitionen verzerrt.“

Rund ein Dutzend Staaten wollen unter der Führung von Dänemark und Costa Rica mit gutem Beispiel vorangehen und einen konkreten Ausstieg aus Öl und Gas festlegen. „Wir tun das, weil wir denken, dass wir es tun müssen“, sagte der dänische Klimaminister Dan Jørgensen. „In einer 1,5-Grad-Welt gibt es keinen Platz für Öl und Gas.“ Deutschland gehört allerdings nicht zu den Unterzeichnern, auch große Ölstaaten wie Saudi-Arabien oder Russland sind nicht dabei.

Neuen Schwung könnte auf den letzten Metern der überraschende Pakt von China und den USA bringen. Beide Seiten wollen gemeinsam und jeder für sich den Umbau zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft beschleunigen, wie es in einer Erklärung heißt. Dazu wolle man noch in diesem Jahrzehnt ehrgeizigere Klimaschutzmaßnahmen ergreifen. Eingesetzt werden soll dazu auch eine gemeinsame Arbeitsgruppe. China trägt zu 27 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen bei, während die USA einen Anteil von elf Prozent haben.

Der ugandischen Klimaaktivistin Vanessa Nakate ist das nicht genug: „Wir ertrinken in Versprechen. Aber Versprechen werden das Leiden der Menschen nicht stoppen“, sagte sie. „Nur sofortige und drastische Maßnahmen werden uns aus dem Abgrund ziehen.“ Während die Klimakonferenzen kommen und gingen, stiegen die Emissionen weiter an.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagte nach ihrer Ankunft in Glasgow hingegen, die COP26 sei schon ein gutes Stück weitergekommen. „Es ist im Moment nicht so, dass man große Bremser sieht, sondern, dass die Fragen einfach sehr komplex sind.“ Es sei nun wichtig, Finanzierungsfragen wirklich auch zu lösen. Arme Staaten fordern in Glasgow unter anderem eine langfristige, aufgestockte Finanzierung zur Anpassung an die Erderwärmung und für ihre Maßnahmen zur Drosselung des Treibhausgasausstoßes. Darüber hinaus pochen sie sie auf Schadenersatz für schon erlittene Schäden („loss and damage“).

Planmäßig bleibt den Verhandlern in Glasgow nur noch Zeit bis Freitagabend, um die großen Differenzen zu überbrücken. Aber: “Gab es schonmal eine COP ohne Verlängerung?“, fragte Umweltministerin Schulze – fügte jedoch an: „Wir sind noch zuversichtlich, dass wir das bis morgen hinbekommen.“

320°/dpa

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