Energiewende

Eine vorgezogener Kohleausstieg lässt sich ohne Import von Atomstrom nicht bewerkstelligen, sagt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff. Er hält eine vorzeitige Energiewende mit erneuerbaren Energien für unrealistisch. Die Grünen halten dagegen.

Haseloff: Kein Kohleausstieg 2030 ohne Import von Atomstrom


Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff warnt vor einer Stromlücke bei einem Kohleausstieg 2030. „Ein vorgezogener Kohleausstieg ist derzeit nicht denkbar, es sei denn, wir kaufen Atomstrom aus Frankreich, wie es Belgien bereits tut, und Kohlestrom aus Polen“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Für den Import von Atomstrom zeigte sich Haseloff aber offen: „Wenn wir das Geld erwirtschaftet haben, mit dem wir Atomstrom einkaufen, warum denn nicht? Das ist doch vollkommen legitim. Wir müssen aufhören mit dem Schwarz-Weiß-Denken, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen.“

Beschlossen ist bisher, dass Deutschland spätestens 2038 aus der Gewinnung und Verbrennung von Kohle aussteigt. Die Grünen dringen jedoch in der geplanten Ampel-Koalition im Bund darauf, dies auf 2030 vorzuziehen. „Es wird Zeit, dass Herr Haselhoff endlich in der Realität ankommt. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, hat schon die Große Koalition und damit seine CDU den Kohleausstieg 2030 faktisch beschlossen“, sagte der Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, am Samstag. „Das ist eine Chance für Deutschland endlich wieder Schrittmacher und Vorreiter beim Ausbau Erneuerbarer Energien zu werden.“

„Die Kohle brauchen wir noch“

Aus Haseloffs Sicht lahmt der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze. „Im Rahmen des jetzigen Planungsrechts Deutschlands ist eine vorzeitige Energiewende nicht realistisch und auch das 1,5-Grad-Ziel gefährdet“, sagte er. „Bei der Bürgerbeteiligung, den Klagewegen und der Naturschutzprüfung müssen die Verfahren deutlich verkürzt werden.“ Nötig sei eine Güterabwägung zwischen Klimaschutz und Naturschutz.

Haseloff äußerte aber auch grundsätzliche Zweifel, ob Sonne, Wind und Co die Versorgung sichern können. „Die Kohle brauchen wir noch, weil sich allein durch erneuerbare Energien die Netze nicht stabilisieren lassen“, sagte er. „Wir brauchen ein Drittel grundlastfähiger Energie, die die volatile Einspeisung aus Windenergie und Photovoltaik ausgleicht.“ Dafür nannte er auch Gaskraftwerke.

Krischer zufolge sei Atomstrom keine Lösung. Das sei „nicht nur gefährlich, sondern unbezahlbar teuer.“ Frankreich habe im Gegensatz zu Deutschland schon seit Jahren ein riesiges Versorgungsproblem und nur erneuerbarer Strom aus Deutschland habe das Land vor noch schlimmeren Problemen bewahrt.

„2030 wird es außerdem bei unseren europäischen Nachbarn keinen überzähligen Atomstrom geben, der dann von Deutschland importiert werden kann“, sagte der Grünen-Politiker. „So plant doch momentan kein Land bei den hohen Investitionsrisiken, dass da noch Exportkapazitäten errichtet werden. Auch weil allen klar ist, dass es einen sicheren Weg gibt, dass Deutschland die Alternativen zur Kohle ab 2030 aufbaut.“

320°/dpa

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