Kernenergie

Nach Jahrzehnten des Protests geht die Atomenergie-Ära 2022 in Deutschland zu Ende. Drei weitere Meiler wurden an Silvester abgeschaltet, nur drei bleiben noch übrig. Auch drei Braunkohlekraftwerke im Rheinischen Revier sind vom Netz gegangen.

Drei Kernkraftwerke abgeschaltet – Atomausstieg in einem Jahr perfekt


Countdown für den Atomausstieg: Am Silvesterabend sind drei der sechs verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet worden. Nach Angaben der Betreiber wurden die Atomkraftwerke in Brokdorf (Schleswig-Holstein), Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen (Bayern) in den letzten Stunden von 2021 stillgelegt.

Vor allem Brokdorf galt als Symbol der Anti-AKW-Bewegung. Beharrlich hatten Atomkraftgegner seit 1986 jeweils am 6. Tag jeden Monats mit Mahnwachen vor den Werkstoren „sofort stilllegen“ gefordert – in Erinnerung an den Atombombenabwurf über Hiroshima am 6. August 1945. Gegen den Bau des Meilers hatten im Februar 1981 bereits rund 100.000 Menschen demonstriert. Nach der Stilllegung folgt nun der gesetzlich vorgeschriebene Rückbau, der in Brokdorf bis 2040 dauern wird.

In Grohnde ist die Anlage nach rund 36 Betriebsjahren ebenfalls abgeschaltet worden. Mit fast 410 Milliarden Kilowattstunden habe sie so viel Strom produziert wie kein anderer Kraftwerksblock weltweit, teilt der Betreiber PreussenElektra mit. Knapp 100 Atomkraftgegner feierten den historischen Moment der Abschaltung mit Anti-Atomkraft-Fahnen und Wunderkerzen.

In Gundremmingen trennte die Schichtmannschaft den Generator von Block C um 20.00 Uhr vom Stromnetz. „Mit der Abschaltung des letzten Siedewasserreaktors in Deutschland wurde am Standort Gundremmingen eine Ära beendet“, erklärte Nikolaus Valerius, Kernenergievorstand des Betreibers RWE Power.

Weitere Braunkohlekraftwerke stillgelegt

Nach den Schließungen liefern nur noch drei Atomkraftwerke Strom: Isar 2 in der Nähe von Landshut (Bayern) sowie die Reaktoren im Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Alle drei Anlagen sollen bis Ende 2022 vom Netz gehen.

Neben den Kraftwerken wurden zum Jahreswechsel auch drei Braunkohleanlagen im Rheinischen Revier abgeschaltet. RWE Power hat die 300-Megawatt-Blöcke Neurath B, Niederaußem C und Weisweiler am Freitag stillgelegt. „Wir setzen damit den gesetzlichen Ausstieg aus der Kernkraft und der Kohle konsequent weiter um“, sagte der Vorstandsvorsitzende von RWE Power, Frank Weigand. Die vier betroffene Kraftwerksblöcke haben RWE zufolge seit Betriebsbeginn über 400 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Dies entspreche dem Strombedarf Berlins über 90 Jahre.

Die Stilllegungen erfolgen im Rahmen des gesetzlich festgelegten Fahrplans. Die nächsten Außerbetriebnahmen folgen 2022:

  • Zum 1. April wird laut RWE in Neurath ein weiterer 300-Megawatt-Block vom Netz gehen.
  • Zum Jahresende legt der Konzern am selben Standort die beiden 600-Megawatt-Blöcke sowie die Brikettierung in der Fabrik Frechen still.
  • Zudem wird das Unternehmen das Kernkraftwerk Emsland in Lingen abschalten.
  • Im Zeitraum von 2020 bis 2022 legt RWE somit Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehr als 7.000 Megawatt still.

Dies habe erhebliche Auswirkungen auf die Belegschaft, betonte das

Unternehmen: Bis Ende 2023 baue RWE Power im Rheinland rund 3.000 Stellen in der gesamten Prozesskette vom Tagebau über die Instandhaltung und Verwaltung bis zur Stromerzeugung ab. Die Belegschaft des Kernkraftwerks Gundremmingen gehe von rund 600 Mitarbeitenden Anfang 2017 auf rund 440 Ende 2022 zurück. Die verbleibenden Mitarbeiter würden aber noch bis in die 30er Jahre mit Nachbetrieb und Rückbau des Standorts beschäftigt sein.

Anstelle von Braunkohle setzt RWE nun auf erneuerbare Energien, Batterien, Wasserstoff und flexible Backup-Kapazitäten. Diese Geschäftsbereiche sollen in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden. Bis 2030 will das Unternehmen 50 Milliarden Euro in den Ausbau investieren.

320°/dpa/sk

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