Schonfrist für Plug-Ins

Schon eine Million Elektroautos hat der deutsche Staat mit üppigen Kaufprämien gefördert. In diesem Jahr läuft die Subvention noch ungebremst weiter. Dann soll eine Neuregelung kommen – trotz Warnungen aus der Automobilindustrie.

Elektro-Prämie boomt weiter


Mit der Rekordsumme von 3,1 Milliarden Euro hat der deutsche Staat im vergangenen Jahr die Anschaffung von Elektroautos direkt gefördert. Beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gingen Förderanträge für 625.260 Fahrzeuge ein, wie die Behörde am Donnerstag in Eschborn berichtete. Das waren mehr als doppelt so viele wie im bisherigen Rekordjahr 2020, in dem gut 255.000 Autos für die Prämie angemeldet wurden.

Bei den Anträgen im Jahr 2021 stellten die reinen Batterie-Stromer mit knapp 335.000 Fahrzeugen den etwas größeren Anteil. Auf Plug-in-Hybride entfielen 291.000 Anträge. Die 48 Autos mit Brennstoffzelle spielten keine Rolle. Bereits am 15. Dezember ging der Antrag für das einmillionste Elektro-Fahrzeug seit Beginn der Förderung im Jahr 2016 ein. Eine Privatperson aus Baden-Württemberg hatte sich ein Batterieauto eines deutschen Herstellers zugelegt, wie das Bafa berichtete.

Der Run auf die Fördertöpfe hatte Mitte 2020 begonnen, als die bis dahin gültige Kaufprämie durch eine „Innovationsprämie“ aufgestockt wurde. Der Bund verdoppelte damit seine Förderung, während der Preisnachlass der Hersteller unverändert blieb. Käufer und Käuferinnen von rein elektrisch betriebenen Elektrofahrzeugen bekommen seitdem eine Förderung von bis zu 9.000 Euro. Bei Plug-in-Hybriden gibt es bis zu 6.750 Euro. Dabei sind allerdings Preisobergrenzen zu beachten. Die volle Förderung gibt es bis zu einem Nettopreis von 40.000 Euro und oberhalb von 65.000 Euro gibt es gar keinen Staatszuschuss mehr. 

Grafik: picture alliance/dpa-infografik GmbH

Allerdings will die neue Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen die E-Förderung neu ausrichten und stärker an den tatsächlichen Klimaschutz-Effekten ausrichten. Das zielt vor allem auf die sogenannten Plug-in-Hybride: Verbrenner mit Stromsteckern, die zwar mithilfe ihres zweiten Motors Teilstrecken elektrisch fahren können, aber nicht zwangsläufig müssen. Künftig soll die Subvention an eine höhere rein elektrische Mindestreichweite von 80 Kilometern und an die tatsächliche Fahrleistung des E-Motors geknüpft werden.

Die Koalition hat sich für die Neuregelung Zeit genommen bis 2023 und bis dahin die bisherige Förderung unverändert gelassen – eine Schonfrist für die vor allem bei deutschen Herstellern verbreiteten Hybrid-Modelle. Umweltverbände unterstützen die geplante Neuregelung. „Plug-in-Hybride sind in vielen Fällen eine Mogelpackung“, kritisiert beispielsweise der alternative Verkehrsclub VCD. Der Kauf eines solchen Autos ergebe nur Sinn, wenn es auch im Verbrennermodus wenig Treibstoff verbrauche und überwiegend elektrisch gefahren werde.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) dagegen wirbt für eine weitere Förderung auch der Plug-in-Hybride. Man brauche sie schon mit Blick auf die längst noch nicht flächendeckend ausgebaute Ladeinfrastruktur, erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Deren Ausbau sei jetzt entscheidend. „Aktuell werden etwa 300 Ladepunkte pro Woche installiert – um das Ziel von einer Million bis 2030 zu erreichen sind rund 2.000 Ladepunkte die Woche notwendig. Im Klartext: Eine Versiebenfachung des Tempos“, sagte Müller in Berlin.

Auch der Importeursverband VDIK warnt davor, den Umweltbonus zu schnell abzuschmelzen. Er sei weiterhin für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland sehr wichtig, meinte VDIK-Chef Reinhard Zirpel, der zudem auf eine Entbürokratisierung des Verfahrens hofft. Die Bundesregierung solle zudem erwägen, den Bonus über das Jahr 2025 hinaus zu zahlen.

Einen kleinen Vorgeschmack auf schärfere Umweltanforderungen für E-Autos gibt es bereits zu Beginn dieses Jahres. Noch die Vorgängerregierung hatte beschlossen, ab 2022 für Hybride eine elektrische Mindestreichweite von 60 Kilometern (statt bislang 40) sowie einen CO2-Ausstoß von höchstens 50 Gramm pro Kilometer zu verlangen. Prompt erstellte das Bafa eine Liste von drei Dutzend Modellen vor allem der Marken Audi, Jeep und Volvo, die seit Jahresbeginn nicht mehr förderfähig sind. Auch ein Range Rover und zwei Mercedes-Modelle sind dabei. Das Kfz-Gewerbe fürchtet bereits großen Ärger mit erbosten Kunden, die ihr oftmals schon lange vorbestelltes Fahrzeug erst in diesem Jahr geliefert bekommen.

320°/dpa

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