Weitere Untersuchung

Das könnte Remondis empfindlich treffen: Das Bundeskartellamt will den Branchenführer verpflichten, die Übernahme kleiner Unternehmen künftig zur Prüfung vorzulegen. Dafür wird es eine weitere Sektoruntersuchung geben.

Kartellamt nimmt Remondis ins Visier


Das Bundeskartellamt leitet im Entsorgungsbereich eine weitere Sektoruntersuchung ein. Gegenstand ist die Prüfung, ob die Rethmann-Gruppe verpflichtet werden kann, künftig auch Übernahmen kleiner Unternehmen der Behörde zur Prüfung vorlegen zu müssen.

„In einzelnen Branchen kaufen große Unternehmen in großer Zahl kleine Unternehmen auf, ohne dass das Bundeskartellamt dies prüfen kann“, erklärt Kartellamtspräsident Andreas Mundt. „Dies führt zu einem fortschreitenden Konzentrationsprozess, der der Kontrolle des Bundeskartellamtes entzogen ist. Wir fürchten, dass dies bei den zahlreichen Aufkäufen durch Rethmann/Remondis in der Entsorgungsbranche der Fall ist.“

Grundsätzlich greift die Fusionskontrolle erst, wenn die beteiligten Unternehmen bestimmte Mindestumsätze erzielen, also eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung gegeben ist. Eine neue Vorschrift erlaubt es dem Bundeskartellamt, Unternehmen dazu zu verpflichten, auch Übernahmen von kleineren Unternehmen, das heißt unterhalb der normal geltenden Umsatzschwellen, in bestimmten Wirtschaftszweigen anzumelden.

Voraussetzung für die Anwendung der neuen Vorschrift ist, dass der Erwerber

  • einen bundesweiten Anteil von mehr als 15 Prozent der Umsätze in den betroffenen Wirtschaftszweigen erreicht,
  • das Zielunternehmen im letzten Geschäftsjahr Umsatzerlöse von mindestens zwei Millionen Euro und mindestens zwei Drittel der Gesamtumsätze in Deutschland erzielt hat sowie
  • objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch künftige Zusammenschlüsse der wirksame Wettbewerb im Inland erheblich behindert werden könnte

„Der Gesetzgeber hat uns genau für diesen Fall die Möglichkeit gegeben, auch kleine Übernahmen zu überprüfen“, sagt Mundt. „Voraussetzung hierfür ist eine spezielle Sektoruntersuchung, die wir jetzt mit Blick auf die Entsorgungswirtschaft und die spezifische Marktposition der Rethmann-Gruppe einleiten.“

„Ein strukturelles Wettbewerbsproblem“

Die neue Untersuchung soll die bereits vorliegenden Erkenntnisse des Amtes aus der am 21. Dezember 2021 veröffentlichten Sektoruntersuchung Haushaltsabfälle sowie Ermittlungen aus verschiedenen Zusammenschlussvorhaben der letzten Jahre in Teilen aktualisieren.

Die bisherigen Erkenntnisse zeigen laut Kartellamt, dass vor allem bei der Erfassung verschiedener Sorten von Haushaltsabfällen sowie der Aufbereitung von haushaltsnahen Verpackungen aus Glas die Rethmann-Gruppe bundesweit mit weitem Abstand vor ihren jeweiligen Wettbewerbern zu den marktführenden Anbietern gehört. Insbesondere bei der Erfassung von Haushaltsabfällen habe die Anzahl der Wettbewerber in den Jahren 2014 bis 2018 kontinuierlich abgenommen. In diesem Zeitraum sei es keinem Wettbewerber gelungen, den Abstand zum Marktführer in nennenswertem Umfang aufzuholen.

„Gerade der Entsorgungsbereich ist geprägt von regionalen Märkten, auf denen die Kommunen als Marktgegenseite oft wenig Auswahl haben“, so Mundt. „Wenn Stück für Stück kleinere Wettbewerber, zumeist sind es mittelständische Unternehmen, kontrollfrei aufgekauft werden, kann das in der Gesamtheit ein strukturelles Wettbewerbsproblem sein. Wenn sich ein Unternehmen eine Vormachtstellung erkaufen kann, wird Marktmacht zementiert. Dem müssen wir mit konsequenter Fusionskontrolle entgegentreten.“

Das Amt wird nun zunächst die 15 wichtigsten Wettbewerber in den Bereichen Haushaltsmüll, Restmüll, Biomüll und PPK (Papier, Pappe, Karton) befragen. Außerdem nimmt die Behörde die Bereiche Verpackung und Glasaufbereitung in den Blick.

320°/re

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