„Verpackungscheck“

Zu viel verpacktes Obst und Gemüse, zu viel Einweg und keine Abfüllstationen: Die Deutsche Umwelthilfe stellt den Supermärkten ein schlechtes Zeugnis in puncto Verpackungen aus. Die freiwillige Müllvermeidung sei krachend gescheitert.

Umwelthilfe: Aldi ist der größte Verpackungssünder


Kaum eine Woche vergeht, ohne dass die Supermarktketten in Deutschland neue Verpackungsziele verkünden – sei es, mehr Kunststoffe einzusetzen, den Verpackungsverbrauch zu reduzieren oder künftig immer mehr recyclingfähiges Material einzusetzen. Doch was ist dran an den Versprechen? Bislang nicht viel, meint die Deutsche Umwelthilfe. Die Umweltorganisation hat erstmals einen „Verpackungscheck“ durchgeführt – mit teils unzufriedenstellenden Ergebnissen, zumindest aus ihrer Sicht.

Die Handelsketten versprächen viel zu Vermeidung und Recyclingfähigkeit, sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. „Dabei scheint es jedoch eher um ein grün aufpoliertes und verkaufsförderndes Image zu gehen. Denn viele der Versprechungen stehen im Widerspruch zu den von uns festgestellten Einweg-Verpackungen in den Verkaufsregalen.“

Tester der Umwelthilfe haben zwischen Juni und Oktober 2021 stichprobenartig 12 große Supermarkt-, Discounter- und Biohandelsketten aufgesucht – jeweils 4 Filialen in Nord-, Ost- und Süddeutschland. Untersucht wurden Aldi Süd und Aldi Nord, Lidl, Penny, Netto Marken-Discount und Netto Nord, Rewe, Edeka, Kaufland, Alnatura, Denn’s Biomarkt und Bio Company.

Das Ergebnis: Die Supermärkte und Discounter bekamen allesamt Rote Karten. Ihnen wirft die Umwelthilfe vor, selbst die einfachsten Maßnahmen für weniger Müll häufig nicht umzusetzen. Lediglich die Biomärkte schnitten zufriedenstellend ab und erhielten eine Grüne Karte.

„Krachend gescheitert“

Bei Obst und Gemüse stellten die Tester fest, dass in Supermärkten sogar robuste Standardprodukte wie Karotten, Äpfel oder Paprika häufiger in Einweg verpackt als unverpackt angeboten wurden. Besonders schlecht schnitt Netto Nord ab – mit 81 Prozent verpacktem Obst und Gemüse bei den Testbesuchen. Zudem böten Discounter wie Lidl, Aldi Nord und Süd in den getesteten Filialen bei Getränken zu 100 Prozent unökologische Einweg-Verpackungen statt verfügbare regionale Mehrwegflaschen an.

Die größten Verpackungssünder im DUH-Test sind über alle untersuchten Kategorien hinweg die Discounter Aldi Nord und Aldi Süd. In einer gemeinsamen Petition mit Nachhaltigkeits-Influencerin Nadine Schubert fordert die DUH die beiden Aldi-Schwestern auf, ihr Sortiment von überflüssigen Einwegverpackungen zu befreien.

„Unser Verpackungscheck zeigt eindeutig: Das Prinzip Freiwilligkeit ist bei der Müllvermeidung im Handel krachend gescheitert“, sagt die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. „Die klassischen Supermärkte und Discounter werben zwar gerne mit angeblicher Nachhaltigkeit – bei unseren Testbesuchen in den Filialen fanden wir aber: unnötig viel Einweg, zu viel Plastik, zu viel Müll. Kein Wunder also, dass die Verpackungsmüllmengen in Deutschland von Jahr zu Jahr neue Rekordwerte erreichen.“

Metz fordert Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf, so schnell wie möglich zu handeln und verbindliche gesetzliche Vorgaben zu machen. „Wir brauchen eine Halbierung des Verpackungsmülls bis 2025 und eine zusätzliche Einweg-Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Plastikflaschen, Dosen und Getränkekartons“, so Metz. Es dürfe sich nicht lohnen, Einwegverpackungsmüll zu produzieren.

„Ökologisch sinnvolle Alternativen fehlen“

Der Einzelhandel verweist unterdessen auf laufende Bemühungen, Verpackungsmüll zu reduzieren, etwa bei den Eigenmarken. Die Nachhaltigkeitsexpertin des Handelsverbands Deutschland, Antje Gerstein, erklärte aber auch: „Nicht jede Verpackung kann ohne Weiteres einfach abgeschafft werden.“ So dienten diese dazu, vorgegebene Hygienestandards einzuhalten oder empfindliche Ware vor Druck, Beschädigung oder Verderb zu schützen.

Der Einzelhandel forsche mit den Herstellern weiter an einer möglichen Reduzierung von Verpackungen. Strengere gesetzliche Vorgaben seien aber nicht zielführend, weil ökologisch sinnvolle Alternativverpackungen fehlten.

320°/re/dpa

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