Emissionshandel

Der EU-Emissionshandel wird ausgeweitet, so viel scheint festzustehen. In welcher Weise, wird das EU-Parlament Anfang Juni beschließen. Der Umweltausschuss hat sich bereits festgelegt: Die Abfallverbrennung soll Teil des Emissionshandels werden.

EU-Umweltausschuss fordert CO2-Preis für Abfallverbrennung


Der Umweltausschuss des EU-Parlaments unterstützt Pläne für eine Ausweitung des Emissionshandels in der EU. Nach längeren Verhandlungen stimmte der Umweltausschuss am Dienstag einem Beschluss zu. Er sieht vor, dass die Abfallverbrennung ab dem Jahr 2026 unter den Emissionshandel fallen soll. Die Schifffahrt soll schon ab 2024 komplett in den Emissionshandel einbezogen werden.

Außerdem sollen Konzerne ab 2025 für den Ausstoß klimaschädlicher Gase von gewerblichen Gebäuden und beim kommerziellen Verkehr zahlen müssen. Private Haushalte und private Fahrzeuge werden demnach erst ab 2029 dazukommen – und auch nur unter bestimmten Bedingungen, etwa dann, wenn die Energiepreise gesunken sind und Haushalte bereits Geld aus einem neuen Klimasozialfonds erhalten. Zudem soll der Preis pro Tonne CO2 bei 50 Euro gekappt werden. In Deutschland und anderen Mitgliedstaaten sind diese Bereiche bereits Teil des Emissionshandels.

Appell an Habeck

Das Emissionshandelssystem (ETS) wurde 2005 eingerichtet, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Bestimmte Unternehmen müssen für den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid (CO2) Zertifikate kaufen oder bekommen diese kostenlos zugeteilt. Da die Menge der Zertifikate kontinuierlich sinkt und sie im Nachhinein gehandelt werden können, gibt es für Unternehmen einen Anreiz, ihre Emissionen zu reduzieren. Derzeit gilt das EU-System für den Stromsektor, Teile der Industrie und der Luftfahrt.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband für Umweltberatung (bfub) unterstützen den Beschluss des Umweltausschusses zur Müllverbrennung. „Abfallverbrennung in der EU verursacht derzeit jährlich über 95 Millionen Tonnen CO2, schadet damit dem Klima, vernichtet wertvolle Rohstoffe und führt zu giftigen Rückständen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.

„Aus Klimaschutzsicht ist es vollkommen unverständlich, warum Emissionen durch Abfallverbrennung noch nicht mit einem CO2-Preis belegt werden, Emissionen durch Recycling allerdings schon“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. „Die CO2-Bepreisung der Müllverbrennung ist ein wichtiger Baustein, um Abfallvermeidung, getrennte Wertstofferfassung und Recycling in der EU schnell voranzubringen. Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck muss nun eine Vorreiterrolle einnehmen und sich dafür einsetzen, Abfallverbrenner spätestens ab 2026 in den EU-Emissionshandel einzubeziehen.“

„Abfallverbrenner befeuern den Klimawandel“

Während auf EU-Ebene noch über die Integration der Abfallverbrennung in das CO2-Emissionshandelssystem diskutiert wird, plant das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium CO2-Emissionen aus der Abfallverbrennung bereits ab Januar 2023 in den nationalen Brennstoffemissionshandel einzubeziehen.

„Als Umweltverbände befürworten wir das nationale Vorhaben einer Bepreisung der Emissionen aus Abfallverbrennungsanlagen. Mit jährlich fast 24 Millionen Tonnen CO2 befeuern die deutschen Abfallverbrenner innerhalb der EU den Klimawandel am stärksten. Je unattraktiver das Verfeuern wertvoller Ressourcen wird, desto besser für den Klimaschutz und die Kreislaufwirtschaft“, erklärt Janine Korduan, Referentin Kreislaufwirtschaft des BUND.

„Bislang betrachtet das deutsche Brennstoffemissionshandelsgesetz lediglich Emissionen aus fossilen Quellen. Aber auch das Verbrennen von organischen Abfällen schadet dem Klima und muss gesetzlich mit einem Emissionsfaktor gewertet werden“, betont Gudrun Pinn, abfall- und klimapolitische Sprecherin des Bundesverbands für Umweltberatung. „Hier muss Klimaminister Habeck nachbessern. Bei der Verfeuerung von Bioabfällen gehen wichtige Mineralien als Pflanzennährstoffe verloren. Durch die Vergärung und Kompostierung von Bioabfall entsteht zudem Bioenergie und die aufwendige Produktion von Kunstdünger kann ersetzt werden.“

Bioabfall landet in Deutschland noch immer in großen Mengen im Restmüll und wird somit verbrannt – 39 Prozent des Restmülls in Deutschland sind Bioabfälle. Durch eine konsequente und verbraucherfreundliche Bioabfallsammlung mit anschließender hochwertiger Verwertung könnten deutschlandweit etwa 740.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden, so die Umweltverbände.

Der Kommunalverband VKU warnt dagegen erneut vor unerwünschten Folgen. In jedem Fall sollte es eine Gleichbehandlung aller Behandlungsverfahren geben, mahnt der Verband. Sonst würden Siedlungsabfälle wieder vermehrt auf Deponien landen. Zudem sei der EU-Vorstoß und ein zusätzlicher, nationaler Emissionshandel für Abfälle nicht vereinbar. Ein solcher nationaler Alleingang würde nur Müllexporte befeuern und müsse daher unterbleiben.

320°/dpa/re

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