„Schummeltüten“

Plastiktüten mit einer bestimmten Wandstärke sind verboten. Einige Supermarktketten umgehen das Verbot und bieten „Schummeltüten“ an – manche sogar als Mehrwegtüten.

Tricks zu Plastiktüten-Verbot: Lemke ermahnt Supermärkte


Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat die Betreiber von Supermärkten ermahnt, sich an das geltende Plastiktüten-Verbot im Handel zu halten. Die Märkte sollten ihren Beitrag zur Eindämmung der Einweg-Plastikflut leisten und „Schummeltüten“, mit denen das Verbot umgangen werde, schnell aus dem Sortiment entfernen, sagte Lemke der Deutschen Presse-Agentur.

Hintergrund ist eine Praxis in Supermärkten und Drogerien, die auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert. Demnach würden Supermärkte und Discounter Einwegtüten aus Plastik einfach um wenige Mikrometer dicker machen, um sie legal anbieten zu können. Möglich sei das, weil unter das seit 1. Januar 2022 geltende Verbot lediglich Plastiktüten mit einer Wandstärke von 15 bis maximal 49 Mikrometern fielen.

„Das geltende Recht an der Nase herumzuführen, indem sie Einwegtüten einfach minimal dicker machen, schadet der Umwelt. Ich hoffe, dass es nicht schon wieder eine gesetzliche Regelung braucht“, sagte die Ministerin mit Blick auf die Praxis in Supermärkten. Die DUH hatte die Grünen-Politikerin aufgefordert, gesetzlich nachzubessern.

„Politik darf sich nicht vorführen lassen“

Die Umwelthilfe wirft den Märkten Edeka, Netto Nord, Netto Markendiscount, Norma, Müller Drogeriemärkte und Rossmann vor, Tüten mit Wandstärken zwischen 50 und 60 Mikrometern anzubieten, um das gesetzliche Verbot zu umgehen. Das habe eine Umfrage unter 13 deutschen Lebensmitteleinzelhändlern und Drogerien ergeben, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung. Zuvor hatte RTL/ntv darüber berichtet.

„Einweg-Plastiktüten stehen wie kaum ein anderes Produkt für sinnlose Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. „Dass Unternehmen wie Edeka, Norma oder Rossmann nun durch einen plumpen Trick die Verbotsregelung unterlaufen, zeigt wie verantwortungslos und verlogen diese agieren. Der Drogeriemarkt Müller treibt dies in absurder Weise auf die Spitze. Mit 50 Mikrometern sind seine Tüten genau einen Mikrometer oder besser gesagt 0,001 Millimeter dicker als die verbotene Wandstärke – das sind 0,001 Millimeter. Die Politik darf sich vom Handel nicht vorführen lassen“, fordert Metz.

„Besonders dreist sind Werbeaussagen, die Einweg-Plastiktüten trotz erwartbar kurzer Nutzungsdauer als Mehrweg-Produkte bezeichnen“, sagt Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der DUH. „Händler wie Norma, Rossmann und Edeka versuchen, ihre unökologischen Tüten durch entsprechende Mehrweg-Slogans schönzureden. Hier werden Verbraucherinnen und Verbraucher an der Nase herumgeführt. Dass es auch ohne Einweg-Plastiktüten geht, zeigen die Händler Kaufland, Lidl, Rewe, Penny, Aldi Nord und Süd. Sie haben die Umweltsünde aus Plastik verbannt.“

Lemke verwies allerdings auch auf einen eingeschränkten Handlungsspielraum. So verhindere derzeit etwa das EU-Recht ein Verbot dickwandiger Tüten, sagte Lemke. In Deutschland wurden 2019 – vor Inkrafttreten des Verbots – noch 1,49 Milliarden leichte Plastiktüten mit Wandstärken unter 50 Mikrometern in Umlauf gebracht.

320°/dpa/re

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