Studie

Trotz Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie: Junge Menschen sorgen sich am meisten um den Klimawandel. Die Mehrheit fordert, den Klimawandel höher zu priorisieren als die Energieunabhängigkeit.

Junge Menschen fürchten Klimawandel am meisten


Lange haben junge Menschen positiv in die Zukunft geblickt – trotz vieler Belastungen. Doch das ändert sich gerade massiv: Die Stimmung trübt sich ein. Dazu trägt der russische Angriffskrieg in der Ukraine ebenso bei wie die Corona-Pandemie. Am stärksten aber sorgen sich junge Menschen um den Klimawandel. Das ergab die am Donnerstag vorgestellte Jugendstudie der TUI-Stiftung.

Demnach sehen 76 Prozent der Befragten im Klimawandel die größte Bedrohung, vor dem Ukraine-Krieg (64 Prozent) und der Pandemie (50 Prozent). Dabei sind junge Menschen wenig ideologisch: Um unabhängig von russischer Energie zu werden, sollten Atomkraftwerke länger in Betrieb bleiben, sagten 44 Prozent. Mit 37 Prozent deutlich geringer fiel die Zustimmung zu Kohlekraftwerken aus.

Für 71 Prozent kann der Kampf gegen den Klimawandel nur mittels Kompromissbereitschaft gelingen. Es sei eine „pragmatische junge Generation“, sagte Marcus Spittler von der Humboldt Universität Berlin, der die Studie wissenschaftlich beraten hat.

Neue Konfliktlinien

Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut YouGov im April dieses Jahres mehr als 6.200 junge Menschen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland und Polen. In Deutschland waren es rund 1.000.

Mehr als jeder Zweite findet, dass die EU-Länder den Kampf gegen den Klimawandel höher priorisieren sollten als Energieunabhängigkeit (52 Prozent). Wie auch vor dem Krieg in der Ukraine bewerten junge Europäer heute den Kampf gegen den Klimawandel höher als Maßnahmen für mehr Wirtschaftswachstum. Jedoch zeigt sich hier im Zeitvergleich in fast allen Ländern ein rückläufiger Trend. Während etwa in Deutschland im vergangenen Jahr noch 47 Prozent der Befragten dem Klimawandel den Vorrang gaben, tun dies 2022 nur noch 36 Prozent.

„Was bei dieser Priorisierung überrascht: Weder Geschlecht, Bildungsstand, Wohnort, noch der Lebensstandard des Elternhauses machen einen wesentlichen Unterschied bei der Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen“, erklärt Spittler. „Junge Europäerinnen und Europäer sind sich der Dringlichkeit bewusst, mit der Lösungen für das Klima gefunden werden müssen. Es sind allerdings neue Konfliktlinien zu erkennen: Während in Deutschland, Frankreich und Großbritannien Umwelt- und Klimaschutz zu den wichtigsten Aufgaben sowohl der EU und der einzelnen Mitgliedsländer gehört, sehen junge Menschen in Spanien, Polen, Italien und Griechenland ausschließlich die EU am Zug. In diesen Ländern sind Themen wie Arbeitslosigkeit und Sozialpolitik für junge Menschen deutlich wichtiger.“

Erwartung an den Staat

Maßnahmen gegen den Klimawandel nehmen junge Europäer mehrheitlich als Beitrag zur Sicherung zukünftiger Freiheit (66 Prozent) wahr denn als Beschränkung. Rund ein Viertel der jungen Deutschen (26 Prozent) empfindet sie allerdings auch als Einschränkung. Das ist im Ländervergleich die höchste Prozentzahl – in Italien sind es nur 11 Prozent.

Vom Staat erwarten sich junge Menschen aktive Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel. 58 Prozent der Befragten meinen, dass er zum Beispiel über höhere Steuern, Regeln und Verbote dafür sorgen soll, dass Produkte und Dienstleistungen klimafreundlich sind. Bezüglich eines Zulassungsstopps für Benzin- und Dieselautos nimmt die Zustimmung ab: 40 Prozent der jungen Europäer sind für einen solchen Schritt, die geringsten Zustimmungswerte dafür gibt es in Polen (29 Prozent) und Deutschland (34 Prozent).

320°/dpa/re

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