Emissionshandel

Ab kommendem Jahr soll der Emissionshandel auf Siedlungsabfälle ausgedehnt werden. Das hat das Bundeskabinett beschlossen.

Kabinett beschließt CO2-Bepreisung auf Müllverbrennung


Ab Januar 2023 soll die Verbrennung von Siedlungsabfällen unter den Emissionshandel fallen. Das hat am Mittwoch das Bundeskabinett beschlossen. Damit ist die Bundesregierung dem Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums gefolgt.

Im Vorfeld hatte insbesondere der VKU das Vorhaben kritisiert. Der Verband hatte davor gewarnt, dass die Abfallgebühren infolge der geplanten Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes um eine Milliarde Euro pro Jahr steigen könnten.

„Mit Bedauern nehmen wir zur Kenntnis, dass in der aktuellen Krisensituation eine CO2-Bepreisung auf Müllverbrennung beschlossen wird, obwohl damit keine klimapolitische Lenkungswirkung wie beispielsweise in der Energiewirtschaft erzielt werden kann“, erklärt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Nach Auffassung des Verbands werden mit dem Vorhaben keine ökologischen Lenkungswirkungen verbunden sein, da die Entsorgungsunternehmen den fossilen Kunststoffanteil im Restmüll nicht steuern könnten und auch die Verbraucher keinen Einfluss auf die Verwendung von Kunststoffen durch die Industrie hätten.

„Der Kabinettsentwurf hat, statt Langlebigkeit der Produkte, Mehrwegverwendung und ihre Recycelbarkeit zu fördern, Abfallexporte in Länder mit qualitativ minderwertigen Behandlungsanlagen zur Folge, mit dem Ergebnis steigender Deponiemengen und Methanemissionen“, warnt Liebing. „Denn der Abfall sucht sich – leider – immer den billigsten Weg. Deshalb ist der Gesetzentwurf ökologisch untauglich und eine unvertretbare Belastung für die Bürgerinnen und Bürger.“

„Das Gesetzgebungsverfahren ist nun angestoßen, und wir hoffen, dass die Bundestagsabgeordneten in den parlamentarischen Beratungen dafür sorgen, dass diese Kabinettsentscheidung nicht zum Gesetz wird“, so Liebing.

„Keinen Einfluss auf ­­ kunststoffärmere Abfallzusammensetzung“

Kritik kommt auch von Michael Thews, Berichterstatter für Kreislaufwirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion. Er verweist darauf, dass das Brennstoffemissionshandelsgesetz die Inverkehrbringer fossiler Brennstoffe in die Pflicht nimmt. „Von daher wäre es logisch, den CO2-Preis bei den Herstellern von Kunststoffen anzusetzen. Wird nun die Abfallverbrennung bepreist, muss der Letzte in der Kette den CO2-Preis entrichten, was keinen Einfluss auf eine kunststoffärmere Abfallzusammensetzung haben wird.“

Das Gesetz werde nicht zwingend zu weniger CO2-Ausstoß führen, sondern vor allem zu höheren Müllgebühren, glaubt Thews. „Wenn überhaupt, sollte man diese Regelungen auf europäischer Ebene betreiben“, sagt er. „Das Europäische Parlament hat sich schon für eine Einbeziehung der Müllverbrennung in den europäischen Emissionshandel ab 2026 ausgesprochen. Diese europäische Regelung könnte das Wirtschaftsministerium vorantreiben.“

„Keinerlei Ausgestaltungsregeln“

Ähnlich wie der VKU und Thews äußert sich auch der Verband der Betreiber von Müllverbrennungsanlagen ITAD. Der Verband kritisiert, dass es bislang „keinerlei Ausgestaltungsregeln für die Anwendung des nationalen Emissionshandels auf die Abfallverbrennung“ gebe. Folglich stehe die Branche vor „großen Problemen“ bezüglich der rechtssicheren Gebühren- und Entgeltkalkulation für das nächste Wirtschaftsjahr.

„Trotz aller Bedenken aus Expertenkreisen sowie der offensichtlichen negativen Auswirkungen hält die Bundesregierung an einer Ausweitung des nationalen Emissionshandels fest“, moniert ITAD-Geschäftsführer Carsten Spohn. „Nun liegt es an den Abgeordneten des deutschen Bundestages, dafür Sorge zu tragen, dass es zu einem tragfähigen Klimaschutzkonzept für die Abfallverbrennung kommt.“ Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen europäischen Diskussionen zur Ausweitung des Emissionshandels sollten nationale Alleingänge vermieden werden, so Spohn.

320°/re

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