Forschungsanlage geplant

In Baden-Württemberg startet ein Projekt zur Abtrennung von CO2 aus der Luft. Die neue Technologie soll für die industrielle Anwendung vorbereitet werden. Das hochreine CO2 könne als Rohstoff oder für die Herstellung von klimaneutralen Kraftstoffen verwendet werden.

CO2-Abtrennung aus der Luft soll industrietauglich werden


Noch ist die Abtrennung von CO2 aus der Luft ziemlich teuer. Mehrere Hundert Euro kostet das Verfahren derzeit, doch mit zunehmender Industrialisierung könnte die sogenannte Direct Air Capture (DAC-) Technologie deutlich billiger werden. Wissenschaftler des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) erwarten, dass die Kosten auf unter hundert Euro pro Tonne CO2 gesenkt werden können.

Beim Direct Air Capture-Verfahren strömt die Umgebungsluft durch ein Absorbens, das ihr einen Teil des Kohlendioxids entzieht. Nach Desorption und Aufkonzentration erhält man CO2 mit einem hohen Reinheitsgrad, welches anschließend direkt als Rohstoff beispielsweise für die Chemieindustrie oder für die Synthese von Basischemikalien wie Methanol und klimaneutralen Kraftstoffen für den Flugverkehr und der internationalen Seeschifffahrt eingesetzt werden kann.

Genau das soll nun im industriellen Maßstab möglich werden. Das ZSW will dazu eine Direct Air Capture-Forschungsanlage unter praxisnahen Bedingungen betreiben und damit bis zu 100 Tonnen CO2 pro Jahr erzeugen. An dem Projekt, das vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg finanziell gefördert wird, können sich im Rahmen eines Industriedialogs alle Unternehmen beteiligen – sowohl Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen als auch international tätige Großunternehmen aus dem Bereich Maschinen- und Anlagenbau.

„Wir wollen die Industriekompetenzen in einem integrierten Konzept mit überregionaler Strahlkraft zusammenführen. Damit nutzen wir die regionale Wertschöpfung und tragen gleichzeitig zum Aufbau neuer Geschäftsfelder bei“, sagt Marc-Simon Löffler, Leiter des Fachgebiets Regenerative Energieträger und Verfahren am ZSW.

„Einfache und wartungsarme Technologie“

Mit seiner Industriedichte, insbesondere dem starken Maschinen- und Anlagenbau, wäre Baden-Württemberg prädestiniert, über die Entwicklung und Skalierung der DAC-Technologie eine führende Rolle als Technologieexporteur für DAC innerhalb der EU und weltweit zu übernehmen, meint das ZSW. In Industrieworkshops will das Institut die am Projekt teilnehmenden Unternehmen für für den Einstieg in die Zukunftstechnologie vorbereiten.

Flankierend werden in dem Projekt die zukünftigen Märkte für CO2 als Rohstoff analysiert und die Technologie mit möglichen alternativen CO2-Quellen verglichen. Daraus soll eine Schätzung des CO2-Bedarfs in Deutschland und Europa sowie weltweit folgen. Das ZSW kooperiert in dem Projekt auch mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das die Forschungsanlage mit Strömungssimulationen begleitend unterstützt.

Das ZSW hat nach eigenen Angaben bereits die Machbarkeit effizienter, leicht skalierbarer und vor allem kostengünstiger DAC-Technologien nachgewiesen. In dem vom ZSW entwickelten Verfahren wird mithilfe einer modifizierten Aminwäsche CO2 aus der Luft abgetrennt. Der Energieverbrauch könne mit kostengünstigem erneuerbarem Strom sowie Abwärme aus der Synthese so genannter eFuels oder anderen Industrieprozessen ressourcenschonend gedeckt werden, erklärt das Institut. Das Verfahren zeichne sich durch seine hohe CO2-Reinheit sowie eine einfache und wartungsarme Technologie aus – die ideale Voraussetzung für die Skalierbarkeit im industriellen Maßstab um den Faktor 100 oder Faktor 1.000.

320°/re

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