Emissionshandel für MVA

Die Aufnahme von Müllverbrennungsanlagen sei eine nicht vertretbare Belastung für Gebührenzahler und habe zudem keinen ökologischen Lenkungseffekt, argumentieren die Kritiker. Der Entsorgungsverband bvse sieht das anders.

„Keine logische Begründung“


Als Mitte Juli das Bundeskabinett dafür stimmte, ab kommendem Jahr auch die Verbrennung von Siedlungsabfällen in den Emissionshandel aufzunehmen, war das Unverständnis auf Seiten der Kritiker groß. Der Kommunalverband VKU kritisierte, dass die Abfallgebühren um eine Milliarde Euro pro Jahr steigen könnte. Außerdem werde mit der Aufnahme von Müllverbrennungsanlagen in den Emissionshandel keine klimapolitische Lenkungswirkung erzielt. Denn die Entsorgungsunternehmen könnten den fossilen Kunststoffanteil im Restmüll nicht steuern und auch die Verbraucher hätten keinen Einfluss auf die Verwendung von Kunststoffen durch die Industrie.

Auch der Berichterstatter für Kreislaufwirtschaft in der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Tiefs, äußerte Unverständnis. „Wird nun die Abfallverbrennung bepreist, muss der Letzte in der Kette den CO2-Preis entrichten, was keinen Einfluss auf eine kunststoffärmere Abfallzusammensetzung haben wird“, betonte er.

Der Entsorgerverband bvse sieht das anders. In einem Schreiben des Verbands an den Umweltausschuss des Bundestags fordert der bvse die Abgeordneten auf, der Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes zuzustimmen. Eine CO2-Bepreisung sei ein Anreiz für mehr Getrennthaltung, mehr Recycling und einer höherwertigeren energetischen Verwertung. „Teurere Verbrennungspreise werden die Bemühungen verstärken, mehr Stoffe für das Recycling getrennt zu halten oder aus einem Gemisch auszusortieren“, erklärt der Verband.

„Entsorger können den fossilen Kunststoffanteil steuern“

Als falsch bezeichnet der bvse die Behauptung, dass die CO2-Bepreisung keine ökologische Lenkungswirkung hätte. In Müllverbrennungsanlagen würden riesige Mengen an Bioabfällen und hochwertigen Gewerbeabfällen mitverbrannt. „Es gibt sogar noch viele Landkreise, die gar keine Biotonne eingeführt haben, weil die Müllverbrennung so billig ist, dass sich die getrennte Bioabfallsammlung nicht lohnt“, heißt es in dem Schreiben. „Eine Verteuerung der Verbrennung kann also sehr wohl dazu führen, dass Bioabfälle vergärt und hochwertig stofflich genutzt werden und dass Gewerbeabfälle in die ausreichend bestehenden Aufbereitungsanlagen geliefert werden.“ Die Kommunen hätten die Möglichkeiten, dies in ihren Ausschreibungen zu regeln und Verwertungsanlagen, Tarifbindungen und Entfernungen zu beschreiben.

Auch die von Kritikern angeführte „Binsenwahrheit“, dass sich der Abfall immer den billigsten Weg suche, weist der Verband mit dem Hinweis zurück, dass der Hausmüll ja auch nicht auf ausländischen Deponien abgelagert werde, obwohl dies günstiger wäre. Jede Anlage, ob Biogasanlage, LVP-Sortierung, EBS-Verbrennung, Zementwerk oder Gewerbeabfallaufbereitung, müsse auf die Qualitäten im Input achten und gegebenenfalls. steuernd auf den Anlieferer einwirken, heißt es in dem Schreiben. Es sei deshalb nicht erklärbar, warum sich ausgerechnet Verbrennungsanlagen dieser Verantwortung entziehen sollten.

„Die Entsorgungsunternehmen können den fossilen Kunststoffanteil über Behältergrößen, Preise und Beratung steuern“, argumentiert der bvse. „Sie machen dies aber nur, wenn man sie dazu bewegt. Wer schon an vielen Bunkern von Müllverbrennungsanlagen gestanden hat, dem ist unverständlich, warum hochwertige Rohstoffe, wie zum Beispiel Holz, in die Verbrennung gegeben werden, nur weil der jeweilige Landkreis in der Sperrmüllsammlung auf eine mögliche und sinnvolle Abfallartentrennung verzichtet.“

„Das wäre absurd“

Wenig Verständnis zeigt der bvse auch für das Argument, dass Gebührenzahler stärker belastet würden. Müllverbrennungsanlagen hätten sich in der Vergangenheit „bewusst und engagiert“ dafür eingesetzt, nicht nur Abfälle zur Beseitigung, wie Hausmüll, sondern auch Abfälle zur Verwertung, wie Gewerbeabfälle, einzusetzen. „Es wäre absurd, sich nun als reiner Verfechter des Gebührenzahlers für Hausmüll darzustellen.“ Die Belastung des Verbrauchers/Gebührenzahlers könne daher keine logische Begründung gegen das BEHG für Verbrennungsanlagen sein.

Hinzu komme, dass der Verbraucher letztlich bei allen CO2-Bepreisungen die Kosten tragen müsse. Dieser Logik folgend, dürften Zementwerke oder Stahlwerke auch nicht besteuert werden. Außerdem geht der bvse davon aus, dass die Belastungen aus dem BEHG keine großen Auswirkungen auf die Gebührenzahler haben werden. Eventuell seien sie sogar aus den Gewinnmargen der Verbrennungsanlagen zu kompensieren.

320°/re

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