Stromversorgung

„Es ist bitter, aber unumgänglich“, räumt Greenpeace ein. Für eine sichere Stromversorgung müssten bereits stillgelegte Steinkohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen werden. Daraus dürfe aber kein Rückschritt für den Klimaschutz werden.

Greenpeace hält Wiederbetrieb von Steinkohlekraftwerken für nötig


In Deutschland ist ein weiteres Steinkohlekraftwerk aus der Reserve geholt worden, um den Erdgasverbrauch in der Stromproduktion zu senken. Das Kraftwerk Heyden im nordrhein-westfälischen Petershagen an der Grenze zu Niedersachsen sei seit Montagfrüh, 5.30 Uhr, wieder regulär am Netz, sagte ein Sprecher des Betreibers Uniper. Der Umweltverband Greenpeace bezeichnete die Wiederinbetriebnahme von Steinkohlekraftwerken für die Stromversorgung als notwendig.

„Es ist bitter, aber unumgänglich, dass bereits stillgelegte Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen“, sagte Karsten Smid, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace, am Montag. „Um sich aus der politisch verschuldeten Abhängigkeit von Putins Gaslieferungen zu befreien, müssen Steinkohlekraftwerke kurzzeitig in die Bresche springen.“ Damit daraus kein Rückschritt für den Klimaschutz werde, müssten jedoch die jetzt zwangsläufig entstehenden zusätzlichen Emissionen in den folgenden Jahren ausgeglichen werden, sagte Smid. Auch das stillgelegte Steinkohlekraftwerk in Bexbach (Saarland) soll wieder in Betrieb genommen werden

Greenpeace fordert aber, auf das Anfahren von Braunkohlekraftwerken für die Stromversorgung zu verzichten. „Für eine sichere Stromversorgung muss kein einziges der besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke wieder angefahren werden – um die beschlossenen Klimaziele zu erreichen, dürfen sie auf keinen Fall neu befeuert werden“, sagte Smid. „Die hohen Preise für Gas und Strom erzwingen einen sparsamen Umgang mit Energie und machen Wind- und Sonnenstrom konkurrenzlos günstig“, sagte der Greenpeace-Experte.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Das am Montag wieder in Betrieb genommen Uniper-Kraftwerk Heyden ist mit einer Leistung von 875 Megawatt nach Unternehmensangaben eines der leistungsstärksten Kohlekraftwerke Deutschlands. Es ging 1987 in Betrieb und befand sich zuletzt in der Netzreserve. Das bedeutet, dass es nur noch zeitweise Strom für die Netzstabilität produzierte. Es soll nach früheren Angaben nun bis Ende April 2023 wieder am Markt sein.

Seit dem 14. Juli erlaubt eine Verordnung, dass Steinkohlekraftwerke aus der sogenannten Netzreserve befristet wieder in Betrieb gehen können, um Gas einzusparen. Im Juli lag der Gasanteil an der Stromerzeugung laut Bundesnetzagentur bei 9,8 Prozent. Als erstes Steinkohlekraftwerk war Anfang August das Kraftwerk Mehrum im niedersächsischen Hohenhameln, das dem tschechischen Energiekonzern EPH gehört, aus der Reserve geholt worden.

320°/dpa

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