Für 2022

Seit Anfang September gilt ein neuer Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Neu ist eine Nachweispflicht für faserbasierte Verpackungen. Außerdem gibt es neue Regelungen für Altglas und Verpackungen mit Produktresten.

Neuer Mindeststandard für recyclingfähige Verpackungen


Einmal im Jahr veröffentlicht die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister den sogenannten Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Auf Basis dieses Mindeststandards sollen die dualen Systeme finanzielle Anreize für das recyclinggerechte Design von Verpackungen schaffen. Verpackungen, die besser recycelbar sind, sollen bei der Berechnung der Lizenzentgelte begünstigt werden. Umgekehrt sollen schlecht recyclingfähige Verpackungen mit einem teureren Lizenzentgelt belegt werden.

Soweit die Theorie. In der Praxis greift die Regelung kaum, was im Allgemeinen mit dem starken Wettbewerb der dualen Systeme erklärt wird. Der Hersteller einer schlecht recycelbaren Verpackung wird demnach immer ein duales System finden, das bereit ist, auf den Malus zu verzichten.

Zufrieden ist die Zentrale Stelle mit der Entwicklung der Recyclingfähigkeit dennoch. Sie verweist auf eine aktuelle Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (TVM) für das Jahr 2020. Demnach sind vier von fünf Haushaltsverpackungen aus Kunststoff recyclingfähig. Verpackungen aus Kunststoff, die im Gelben Sack gesammelt werden, sind der Studie zufolge zu 74 Prozent recyclingfähig. Zum Vergleich: Bei einer Erhebung im Jahr 2016 lag dieser Wert noch bei 66 Prozent.

Ähnlich ist die Entwicklung bei den anderen Verpackungsmaterialien. Laut Angaben des Umweltbundesamtes wurden im Jahr 2019 71,6 Prozent der Verpackungsabfälle in Deutschland recycelt (+ 2,6 Prozent zu 2018) – eine im internationalen Maßstab sehr gute Quote, wie die Zentrale Stelle betont.

Neue Regelungen

Nun hat die Zentrale Stelle den neuen Mindeststandard für 2022 veröffentlicht. Aufgegriffen wurden dabei einige neue Marktentwicklungen wie etwa die zunehmende Verwendung von faserbasierten Verpackungen. Solche Verpackungen werden unter anderem für Teigwaren, Kaffee oder Wurst vertrieben.

Die Recyclingfähigkeit von faserbasierten Verpackungen hänge im Wesentlichen davon ab, ob sich die Fasern im Recyclingprozess lösen und dadurch wieder zu neuen Fasern verarbeitet werden können, erklärt die Zentrale Stelle. Deshalb findet sich im aktuellen Mindeststandard die neue Regelung, dass bei faserbasierten Verbundverpackungen, die nicht typischerweise trockene Füllgüter enthalten, immer ein Nachweis über die Recyclingfähigkeit erbracht werden muss. Gleiches gilt für Papierverpackungen, die Flüssiges oder Pastöses enthalten. Ausgenommen sind Flüssigkeitskartons.

Eine neue Regelung gibt es auch für Flaschen, die mit einem feinen Metallnetz umgeben sind. Nach Angaben der Zentralen Stelle verhindert das Metallnetz, dass die Glasscherben voneinander getrennt werden können. Ein weiteres Beispiel seien Korbflaschen, mit denen unter anderem Wein vertrieben wird. „Der diesjährige Mindeststandard legt einen Schwerpunkt auf derartige Unverträglichkeiten“, erklärt die Zentrale Stelle. „Diese werden auch weiterhin im Fokus stehen. Denn: Basierend auf den Ergebnissen von künftigen Studien sind noch präzisere Regelungen in diesem Bereich geplant.“

Produktreste unter Umständen schwer recycelbar

Problematisch sind auch Produktreste wie etwa Reste von Nagellack, die im Fläschchen verbleiben, oder von Bitumen, die im Eimer kleben. Solche Reste lassen sich oft nur schwer: oder überhaupt nicht entfernen. Auch Wachse oder diverse Chemie- und Baustoffe gehören nach Angaben der Zentralen Stelle dazu. Derartige konstruktionsbedingte Produktreste wirken sich unter Umständen negativ auf die Recyclingfähigkeit der Verpackung aus.

Entscheidend sei hier der Einzelfall, erklärt die Zentrale Stelle. Welche Folgen die Reste konkret für das Recycling haben, hänge maßgeblich vom jeweiligen Füllgut, der Gestaltung der Verpackung und dem verwendeten Packstoff ab. „Doch klar ist: Die Einflüsse der Produktreste müssen bei der Bemessung der Recyclingfähigkeit zwingend berücksichtigt werden.“ Das schlage sich auch im aktuellen Mindeststandard der ZSVR nieder.

Unverändert ist in der aktuellen Auflage des Mindeststandards die Methode zur Ermittlung der Recyclingfähigkeit. Für Unternehmen gibt es hierfür Beschreibungen des Prüfverfahrens, außerdem helfen ihnen Beispiele dabei, die Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen zu ermitteln. Bewährt haben sich aus Sicht der Zentralen Stelle die drei Standard-Kriterien, die im neuen Mindeststandard als grundlegende Struktur beibehalten werden. So muss bei der Frage, ob eine Verpackung gut recycelbar ist, das Vorhandensein einer Verwertungsinfrastruktur, die Sortier- und Trennbarkeit der Verpackung sowie die Recyclingunverträglichkeiten geprüft und berücksichtigt werden.

320°/re

Mehr zum Thema
Recycelbar und kompostierbar: Chipstüte aus Papier
Fragen und Antworten zum PET-Markt in Europa
So lassen sich Lederreste upcyceln
Erster technischer Leitfaden zum EU-Batteriepass
Recycling von Solarmodulen: Jetzt auch für Silber
KI sortiert Kunststoffe für Lebensmittel­verpackungen
Verpackungsmüll: Warum bayerische Kommunen weiterhin auf das Bringsystem setzen
Die ersten Schokoriegel in Papierverpackung
Elektrofahrzeuge, Kreislaufwirtschaft und erneuerbare Energien: Wie weit ist Mercedes schon?
Nur rund ein Viertel der Kunststoffe in Europa wird recycelt
Textilien färben ohne Färbeprozess
So sollen die To-go-Mehrwegangebote endlich wirken