Nationale Strategie
Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie in Aussicht gestellt. Jetzt scheint sie konkretere Formen anzunehmen. Im Frühjahr soll die Strategie vorgestellt werden.
Kreislaufwirtschaft: Lemke kündigt „breiten Dialogprozess“ an
Bundesumweltministerin Steffi Lemke ruft die deutsche Wirtschaft dazu auf, eine führende Rolle beim Wandel hin zu einer ressourcenschonenden Industrie zu übernehmen. Die Bundesregierung werde dafür mit einer Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie die Rahmenbedingungen setzen, kündigte Lemke beim Klimakongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) am Donnerstag an. Die Koalition habe sich zum Ziel gesetzt, den Verbrauch von Primärrohstoffen zu senken und geschlossene Kreisläufe zu schaffen, sagte die Grünen-Politikerin. Das sei in der Vergangenheit stark vernachlässigt worden.
„Wir müssen weg davon, wertvolle Ressourcen in kurzen Zyklen zu halten“, sagte Lemke. Sie setze darauf, dass die deutschen Firmen „ihre enorme Innovationskraft“ nutzen und um die Marktführerschaft in diesem Bereich kämpfen: „Wer Ressourcen möglichst effizient nutzt, wer die Kreislaufwirtschaft schnell in die nationalen Strategien einbauen kann und vor allem in die Praxis bringt, der wird auch einen Marktvorteil schaffen können.“ Lemke begrüßte, dass der BDI die effiziente Ressourcennutzung in den Unternehmen vorantreibe.
Die Aufgabe der Politik sei es, hier die richtigen Anreize zu setzen. Die Bundesregierung wolle im Frühjahr 2023 mit den Unternehmen „einen breiten Dialogprozess“ mit wissenschaftlicher Begleitung starten, um die Kreislaufwirtschaft in Deutschland voranzubringen, kündigte Lemke an. Es sei in dieser Zeit der akuten Krisen wichtig, die langfristigen Herausforderungen nicht aus dem Blick zu verlieren.
Russwurm: Klimaschutz muss hohe Priorität behalten
Zuvor hatte BDI-Präsident Siegfried Russwurm bekräftigt, dass die deutschen Firmen trotz der Energiekrise an den Klimazielen für 2030 und 2045 festhalten wollten. „Auch wenn die Energiekrise so ernst ist, dass es in den kommenden Wochen um nichts weniger geht, als das Überleben der Industrie in Deutschland und Europa zu sichern: Klimaschutz muss hohe Priorität behalten“, sagte Russwurm. In der Klimapolitik dürfe jetzt nicht die Pausentaste gedrückt werden: „Der konsequente Einsatz für Klimaschutz liegt im ureigensten Interesse der Unternehmen.“
Allerdings dürfe es in der Energie- und Klimapolitik kein Weiter-so geben, mahnte Russwurm. Wirtschaft und Energieversorgung müssten krisenfest und widerstandsfähiger werden. Als existenziell wichtig nannte der BDI-Chef deutlich niedrigere Strompreise. Entlastungen müssten für die gesamte Dauer der Krise gelten – mindestens für zwei Jahre, forderte Russwurm. Zudem müssten alle zur Verfügung stehenden Kraftwerke ans Netz, „um durch Angebotserhöhung die horrenden Preise zu dämpfen – also Steinkohle, Braunkohle und auch alle sicher verfügbaren Kernkraftwerke“.
Die Investitionen, die Unternehmen, Privathaushalte und Staat für die klimaneutrale Transformation aufbringen müssten, seien schon vor der aktuellen Energiekrise gewaltig gewesen. Unter den veränderten Rahmenbedingungen dürften sie noch höher ausfallen, als es der BDI in einer Studie vor einem Jahr beziffert habe. Diese habe Investitionen im Umfang von 860 Milliarden Euro bis 2030 ergeben, hieß es.
Zum Erreichen der Klimaziele ist aus Sicht des BDI ein deutlich beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien und Netze erforderlich. Russwurm warb hier für eine „Revolution der Planungs- und Genehmigungsverfahren“. Auch sei ein schneller Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab einschließlich des Imports erforderlich.
Der BDI spricht sich zudem für sogenannte Klimaschutzverträge für die Industrie aus, um die durch klimaneutrale Lösungen verursachten Betriebskosten abzufedern und Investitionen nicht auszubremsen. Im Verkehrssektor sei ein schnellerer Ausbau von Schiene- sowie Lade- und Tank-Infrastruktur erforderlich, im Gebäudesektor ein langfristiges und verlässliches Förderprogramm.