Diskussion um Strompreis

Mit einem europaweit einheitlichen Strompreis wäre alles besser, meint Hamburgs ArcelorMittal-Chef Uwe Braun. Er weiß, wovon er spricht. Sein Unternehmen verbraucht so viel Strom und Gas wie kein anderes Unternehmen in Hamburg. Braun fürchtet eine Deindustrialisierung.

„Am besten wäre ein Preis von 60 Euro“


Der Leiter des Hamburger Stahlwerks von ArcelorMittal, Uwe Braun, hat sich angesichts explodierender Energiekosten für einen europaweit einheitlichen Strompreis ausgesprochen. „Am besten wäre ein Preis von 60 Euro, das entspricht sechs Cent pro Kilowattstunde“, sagte Braun in einem laut Interview der Wochenzeitung «Zeit» (Hamburg-Ausgabe, Donnerstag). Derzeit liege der Strompreis bei mehr als 400 Euro pro Megawattstunde. „Außerdem schwanken die Strompreise extrem stark – zuletzt kostete eine Megawattstunde mal 500 Euro und mal 1.000 Euro.“

Beim Erdgas wiederum habe sich der Preis innerhalb eines Jahres von im Schnitt 25 Euro pro Megawattstunde verachtfacht. Das sei ein riesiges Problem, sagte Braun.

ArcelorMittal, zweitgrößter Stahlkonzern der Welt, produziert in seinem Hamburger Werk pro Jahr rund 700.000 Tonnen Walzdraht. Dabei verbraucht er so viel Strom und Gas wie kein anderes Unternehmen in der Hansestadt. „Wir nutzen im Schnitt eine Terawattstunde Strom im Jahr – so viel wie die Stadt Kiel – und zwei Terawattstunden Gas“, erklärte Braun. Da bei solchen Konditionen aktuell nicht wettbewerbsfähig gearbeitet werden könne, hat der Konzern die Produktion bereits deutlich heruntergefahren und Anfang September zudem entschieden, im vierten Quartal im Bremer Werk einen Hochofen und am Standort Hamburg die Direktreduktionsanlage voraussichtlich ein halbes Jahr außer Betrieb zu nehmen.

„Außerdem wird im Stahlwerk und im Walzwerk die Produktion deutlich gedrosselt“, sagte Braun. Für die 530 Beschäftigten in der Hansestadt bedeutet dies eine Ausweitung der bereits bestehenden Kurzarbeit. Zudem müssen sie noch flexibler arbeiten. Im Stahlwerk und im Walzwerk „reagieren wir (…) auf die Schwankungen und produzieren vorrangig zu Zeiten, in denen der Strom billiger ist. Etwa von Mitternacht bis sechs Uhr früh“, sagte der Werkschef.

Grundsätzlich habe er große Sorgen, dass Stahlwerke wie das Hamburger dauerhaft ins Ausland abwandern könnten. Auch fürchte er, dass es in der Hansestadt zu einer Deindustrialisierung kommen könne, wenn nicht stärker auf die Energiepreise Einfluss genommen werde. „Wir importieren gerade mehr Vorprodukte denn je, statt sie selbst herzustellen. Auf Dauer kostet das Jobs“, warnte Braun. Klar sei aber auch: „Wir werden nie wieder so günstige Gaspreise bekommen, und wir müssen in Deutschland damit klarkommen.“

320°/dpa

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