Konjunktur

Immer mehr Unternehmen geraten wirtschaftlich ins Straucheln. Die Zahlungsmoral ist deutlich schlechter geworden, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform berichtet. Auch die Zahl der Insolvenzen steigt.

Zahl der Insolvenzen nimmt deutlich zu


Immer mehr Firmen in Deutschland droht wegen schwächelnder Konjunktur und steigender Kosten die Insolvenz. Laut einer Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) lag die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im September 34 Prozent über dem Vorjahreswert. Betroffen waren demnach rund 760 Unternehmen. Noch im August hatte die Prognose des IWH einen Anstieg der Insolvenzen von „nur“ 25 Prozent für September im Vergleich zu 2021 vorhergesagt.

Die Zahl werde in den nächsten Monaten weiter spürbar steigen, glaubt das IWH. Im November könnten die Vorjahreswerte laut IWH sogar um 40 Prozent übertroffen werden. Gründe dafür sehen die Wirtschaftsforscher neben der sich stark eintrübenden konjunkturellen Lage vor allem in steigenden Kosten etwa für Energie, Löhne und Kreditzinsen.

Die wirtschaftlichen Probleme zeigen sich auch darin, dass viele Unternehmen ihre Rechnungen verspätet oder gar nicht zahlen. „Das Ausfallrisiko bei Unternehmen steigt derzeit fast wöchentlich“, sagte der Leiter der Wirtschaftsforschung von Creditreform, Patrik-Ludwig Hantzsch, der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Mit einer „Insolvenzwelle“ in der Wirtschaft rechnet Hatzsch vorerst nicht, wohl aber mit einer Trendwende im Insolvenzgeschehen, das bislang rückläufig war.

Bauindustrie besonders betroffen

Zuletzt waren den Angaben zufolge bundesweit mehr als 2,1 Millionen überfällige Rechnungen beglichen worden, rund 280.000 Unternehmen zahlten deutlich verspätet. „Dabei ist es egal, ob Kleinunternehmen, Mittelständler oder Großkonzerne, Unternehmen aller Größenklassen lassen ihre Kreditgeber zurzeit länger und über das gesetzte Zahlungsziel hinaus auf den Geldeingang warten“, sagte Hantzsch. Besonders betroffen sei die Baubranche. „Das ist insofern bemerkenswert, als dass sie bislang auch in der Corona-Pandemie ein Konjunkturmotor war“, sagte Hantzsch.

Er gehe davon aus, „dass wir im ersten Quartal 2023 dann einen starken Anstieg der Insolvenzen in Deutschland sehen werden“, prognostizierte Hantzsch. Dass Unternehmen wieder in die Insolvenz gehen, ist dem Leiter der Wirtschaftsforschung zufolge allerdings „richtig und wichtig“. Eine auf marktwirtschaftliche Prinzipien aufgebaute Volkswirtschaft vertrage es nicht, „wenn alle Unternehmen auf Teufel komm raus am Leben erhalten werden“.

320°/dpa/re

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