Elektrifizierung

In Schleswig-Holstein sollen ab Mai erste Akkuzüge alte Diesel-Loks ersetzen. Für sie baut die Bahn sogenannte Oberleitungsinseln – mit Modellcharakter für andere Regionen in Deutschland?

Bahn setzt auf Oberleitungsinseln


Mit sogenannten Oberleitungsinseln will die Deutsche Bahn die Elektrifizierung ihrer Strecken vorantreiben. In Schleswig-Holstein hat der Bau erster Inseln begonnen. Dabei werden Strecken nicht komplett mit Oberleitungen ausgerüstet, sondern nur kürzere Abschnitte. Bereits ab Mai sollen auf ersten Strecken zwischen Nord- und Ostsee Akku-Züge zum Einsatz kommen, die ihre Zellen auf elektrifizierten Streckenteilen aufladen und damit dann auf den übrigen Abschnitten fahren können.

„Wir werden dadurch bis zu zehn Millionen Liter Diesel pro Jahr einsparen“, sagte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) am Dienstag in Kiel. Er bezifferte die Kosten für den Umbau der Infrastruktur im Norden auf 48 Millionen Euro. Bis zu

90 Prozent der Kosten könne der Bund davon übernehmen, hofft der Minister.

Planung und Kosten solcher Oberleitungsinseln gelten als deutlich geringer als die Elektrifizierung ganzer Strecken. Die Akku-Züge kommen vom Hersteller Stadler. 55 davon hat das Land Schleswig-Holstein dort bestellt, die ersten werden für Mai des kommenden Jahres erwartet. Nach Angaben der Konzernbevollmächtigten der Bahn für den Norden, Manuela Herbort, sollen Ende kommenden Jahres alle Ausbauten abgeschlossen sein. Ziel bleibe es, dass in 18 Jahren kein Zug mehr mit Diesel unterwegs sei.


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In Schleswig-Holstein sind aktuell nach Angaben der landeseigenen Nahverkehrsgesellschaft 29 Prozent des Nahverkehrs elektrifiziert – durch die Überleitungsinseln sollen es künftig knapp 70 Prozent sein. Durch die Akkuzüge würden jährlich im Norden 26.000 Tonnen Kohlendioxid eingespart, sagte Geschäftsführer Arne Beck.

In einer ersten Phase ergänzt die Bahn die Bahnhöfe Kiel und Büchen in Schleswig-Holstein mit zusätzlichem Fahrdraht. 30 neue Oberleitungsmasten sind dort geplant. Bis Ende 2023 sollen entlang der Westküste des Bundeslandes auch Oberleitungsinseln abseits von Bahnhöfen entstehen, in Heide, Husum und Tönning. Auch außerhalb von Schleswig-Holstein plant die Bahn Oberleitungsinseln: im südlichen Rheinland-Pfalz sowie in der Region Rhein-Ruhr in Nordrhein-Westfalen.

Hybrid-Loks für Güterverkehr

Bis 2040 will die Bahn ihren gesamten Verkehr klimaneutral abwickeln. Dabei „helfen uns auch so kreative Lösungen wie die Oberleitungsinseln für Akku-Züge“, teilte Bahn-Infrastrukturvorstand Berthold Huber am Dienstag mit.

Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Lediglich rund 62 Prozent der Bahnschienen in Deutschland verfügen über eine Oberleitung. Schleswig-Holstein liegt mit knapp 30 Prozent sogar weit darunter. Mit den Oberleitungsinseln werde sich dort immerhin der Anteil der Strecken, auf denen Loks mit elektrischen Antrieben fahren können, laut Bahn auf fast 68 Prozent mehr als verdoppeln.

Damit könnte die Dieselflotte dort zumindest im Personenverkehr deutlich verkleinert werden. Doch ein Großteil der Dieselloks der Deutschen Bahn ist im Güterverkehr auf Rangierbahnhöfen im Einsatz. Der Konzern will ihre Zahl mittelfristig auf Null reduzieren. Dabei sind Akku-Loks wegen mangelnder Kraft keine Alternative. Stattdessen setzt die Bahn im Güterverkehr auf Hybrid- sowie Zweikraft-Loks, die zwar auch über einen Dieselmotor verfügen, bei verfügbaren Oberleitungen aber auch diese nutzen können.

320°/dpa

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