Chemisches Recycling

Der Entsorgerverband bvse stemmt sich weiter gegen das chemische Recycling. Eine Mindesteinsatzquote für Rezyklate in Lebensmittelverpackungen lehnt der Verband ab. Der bvse macht dafür mehrere Gründe geltend.

bvse: Keine Mindesteinsatzquote für Rezyklate in Lebensmittel­verpackungen


Mit Mindesteinsatzquoten für Kunststoffrezyklate kann sich der Entsorgerverband bvse durchaus anfreunden – doch nicht für Verpackungen mit Lebensmittelkontakt. Hierfür gibt es aus Sicht des Verbands einige Gründe, die dagegen sprechen. „Die Einführung von Mindesteinsatzquoten für PE-, PP- und PS-Rezyklate im Lebensmittelkontakt lehnen wir ab“, heißt es in einem Statement, das der bvse am Mittwoch veröffentlicht hat.

Die Gründe, die aus Sicht des Verbands dagegen sprechen, sind vielfältig:

  • Laut bvse führen Druckfarben, das Füllgut und die im offenen Sammelsystem stattfindenden Querverschmutzungen mit anderen Verpackungen zu kritischen Kontaminationen der Rezyklate durch Migrationen.
  • Die vorhandenen Kunststoffabfälle aus offenen Sammelsystemen müssten nicht energieaufwändigen, chemischen Aufbereitungsverfahren zugeführt werden. „Es kann ja nicht darum gehen, unbedingt Rezyklate für Verpackungen mit Lebensmittelkontakt einzusetzen, sondern es muss darum gehen, aus den vorhandenen Kunststoffabfällen so viel einsatzfähiges Rezyklat wie möglich herzustellen, mit dem Neuware ersetzt werden kann“, so der Verband.
  • Die chemischen Aufbereitungsverfahren sind laut bvse derzeit allesamt nicht industrietauglich und in jedem Falle deutlich energieaufwändiger als die werkstofflichen Recyclingverfahren. Es gebe also keinen Grund, „die chemischen Verfahren quasi durch staatliche Regelungen am Markt vorbei zu protegieren“.
  • Rezyklate für Lebensmittelverpackungen würden die mittelständischen Strukturen im werkstofflichen Recycling schwächen – zugunsten der chemischen Industrie. „Da das chemische Recycling überwiegend durch die kunststoffherstellende Industrie stattfindet, schwindet auch der intrinsische Wettbewerb zwischen Neukunststoff- und Rezyklatproduktion“ erklärt der Verband. In der Konsequenz würde die dominierende Stellung der kunststoffherstellenden Industrie auf das Recycling ausgeweitet.
  • Die bei einer Substitution von Verpackungen aus PE, PP oder PS anfallenden PET-Schalen, PET-Becher oder opaken PET-Flaschen erweisen sich laut bvse als kaum recyclingfähig. „Zur Erfüllung der Mindesteinsatzquote bei allen Lebensmittelverpackungen müssten also Flaschenrezyklate genutzt werden, die jedoch schon dringend für den geschlossenen Flaschenkreislauf benötigt werden“, so der Verband. Schon jetzt aber stünden nicht genügend PET-Flaschen zur Verfügung für das Bottle-to-Bottle-Recycling.
  • Obendrein würde sich durch Ausweiten des Einsatzes von PET-Lebensmittelverpackungen die Rezyklierbarkeit der verbleibenden Sammelgemische (LVP aus dem Gelben Sack oder der Gelben Tonne) deutlich verschlechtern. Des Weiteren wären die Sammelmengen von PE, PP oder PS stark rückläufig.

Der bvse plädiert deshalb dafür, die Rezyklate nur für Non-Food Verpackungsarten zu verwenden. So könnten beispielsweise Non-Food Verpackungen aus den Bereichen Personal Care und Home Care große Mengen an Rezyklaten aufnehmen und Neuware ersetzen. Das Gleiche gelte für Anwendungen in der Bauindustrie, im Fahrzeugbau oder für Elektro-, Haushalts- und Baumarktprodukte.

Sollten die Non-Food Anwendungen für die Aufnahme von Rezyklaten nicht ausreichen, so könnten Alternativen, wie beispielsweise Bauteile für den Hochbau und Tiefbau, genutzt werden. „Gerade im Bausektor finden Kunststoffbauteile (Rohre, Leitungen, Isoliermaterial, Paneele, Paletten, Rasengitter) zunehmend ihren Einsatz“, erklärt der Verband. „Im Sinne einer Förderung niedriger Energieverbräuche und niedriger Kohlenstoffemissionen und im Sinne der Förderung des Wettbewerbs im Kunststoffrecycling ist also jede Mindesteinsatzquote von PE-, PP- oder PS-Rezyklaten für den Lebensmittelkontakt zu vermeiden.“

320°/re

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