Test der Umwelthilfe

Die Deutsche Umwelthilfe hat Tests bei 16 großen Anbietern von Essen und Getränken zum Mitnehmen durchgeführt. Der Anlass: Die Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrweg-Angebotspflicht. Die Ergebnisse sind aus Sicht der Umwelthilfe erschreckend.

„Es geht um große Namen wie Starbucks, Rewe oder Cinemaxx“


Mehrere Konzerne und Franchise-Händler der Ketten Starbucks, Edeka, Rewe, Cinemaxx und Backwerk verstoßen offenbar gegen die seit Jahresbeginn geltende gesetzliche Mehrweg-Angebotspflicht. Das haben Testbesuche der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ergeben. Der Umweltverband besuchte 16 große Anbieter von Essen und Getränken zum Mitnehmen, in mehr als jedem dritten Fall stellt die Umwelthilfe Verstöße fest.

Insgesamt seien 10 der 16 kontrollierten Ketten betroffen. Gegen Unternehmen beziehungsweise Franchise-Händler von Starbucks, Edeka, Rewe, Backwerk, Steinecke, Wiener Feinbäckerei, Yormas, Cineplex, Cinestar und Cinemaxx hat die DUH nun juristische Verfahren gestartet, um die Wiederholung der festgestellten Verstöße auszuschließen.

„Es ist erschreckend, wie unverschämt sich große Unternehmen über Gesetze zum Schutz von Umwelt, Klima, Verbraucherinnen und Verbrauchern hinwegsetzen“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. „Das ist kein Versehen kleiner privater Cafébesitzer. Es geht um große Namen wie Starbucks, Rewe oder Cinemaxx, die mit ihren Rechtsabteilungen genau wissen, was für gesetzliche Pflichten sie zu erfüllen haben. Sie hatten zudem mehr als ein Jahr Zeit zur Vorbereitung.“

„Ein Skandal“

„Wieder einmal müssen wir uns für die Rechte von Verbraucherinnen und Verbraucher stark machen, weil die zuständigen Landesbehörden ihren Kontrollaufgaben nicht nachkommen“, beklagt Metz. „Denn für den Vollzug der Mehrweg-Angebotspflicht sind die Bundesländer zuständig, die wir ausdrücklich auffordern, endlich tätig zu werden.“

Bei den Testbesuchen kontrollierten Tester der DUH das verpflichtende Angebot von Mehrwegbechern, -essensboxen und -deckeln. Das Gesetz sieht neben den Angebotspflichten auch die Information der Kundinnen und Kunden über das Mehrwegangebot vor. Dagegen sei noch weit umfangreicher verstoßen worden, erklärt die Umwelthilfe. Wenn Mehrweg angeboten wurde, erhielten Kundinnen und Kunden meist wenige oder gar keine Informationen darüber.

„In keiner einzigen der 35 untersuchten Filialen wurde beim Bestellvorgang von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein mündlicher Hinweis auf vorhandene Mehrwegalternativen gegeben“, sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer. „Das zeigt, wie Unternehmen Mehrweg gezielt klein halten und die Kundinnen und Kunden im Unklaren lassen. Dass die Landesbehörden dieses Verhalten zulassen, ist ein Skandal.“

Kritik an „Insellösungen“

Die DUH kritisiert zudem, dass die Mehrweg-Angebotspflicht für einen Wandel zu weniger Einweg-Verpackungsmüll nicht ausreiche. Sie enthalte zu viele Schlupflöcher und Lücken. So könnten Anbieter statt auf Mehrweg auf andere, ebenfalls schädliche Einweg-Müllmaterialien ausweichen, wie etwa Pappschachteln für Burger.

Kritisch bewertet die Umwelthilfe auch individuelle Mehrwegverpackungen, wie sie von McDonalds, Edeka oder Tchibo angeboten werden. Diese Insellösungen seien unkomfortabel für Kundinnen und Kunden, da Mehrwegbecher oder Boxen nur bei dem jeweiligen Anbieter zurückgegeben werden könnten. Damit Mehrwegverpackungen für Getränke und Speisen wirklich zum neuen Standard werden, fordert die DUH neben einem konsequenten Vollzug der Mehrwegangebots- und Informationspflichten auch eine bundesweite Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Becher, -Boxen und -Besteck. Nötig seien außerdem einheitliche Mehrwegsysteme.

Cinemaxx erklärte zu den Vorwürfen, dass man alle gesetzlichen Anforderungen erfülle und sich an die Mehrwegangebotspflicht halte. „Es hat uns eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung der DUH erreicht, die wir prüfen“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Der Geschäftsführer von Cinestar, Michael Stromenger, begrüßte das Engagement der DUH und erklärte, dass die Kette lediglich für die 1,5-Liter-Getränke keine Mehrwegbecher habe, weil diese aktuell nicht lieferbar seien. Diese Größe werde aber auch weniger nachgefragt.

320°/re

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