Klimafreundliches Bauen

Mit einer Primärbaustoffsteuer könnte der Einsatz von Recyclingbaustoffen massiv gefördert werden. Doch danach sieht es nicht aus. Das Bauministerium weist eine solche Steuer „explizit“ zurück.

Primärbaustoffsteuer: UBA dafür, Geywitz dagegen


Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) wollen mehr bestehende Wohnungen sanieren, um die Klimakrise und Ressourcenknappheit zu bekämpfen. „Wenn neuer Wohnraum in erster Linie in Innenstädten und auf Siedlungsbrachen entsteht und Bestandsgebäude saniert und umgebaut werden, spart das Energie, Abfälle und Treibhausgase und senkt den Flächenverbrauch“, sagte Lemke am Montag in Berlin. Gemeinsam mit dem Bundesbauministerium wolle sie den Wohnungsmangel künftig ökologisch bekämpfen.

„Bauen und Klimaschutz müssen immer zusammen und sozial gedacht werden“, sagte Geywitz. Auf Klimastandards zu verzichten, sei schon auf kurze Sicht unrentabel und schade nachfolgenden Generationen. „Dafür müssen wir weg von der Fokussierung auf den ⁠ Primärenergieverbrauch ⁠hin zu einer Lebenszyklusbetrachtung von Neubau und Bestand, die die gesamte Treibhausgasbilanz in den Blick nimmt.“

„Sozial-ökologische Transformation braucht Paradigmenwechsel“

Empfehlungen für eine solche Neuausrichtung liefert das Umweltbundesamt (UBA): Gemeinsam mit der Kommission Nachhaltiges Bauen (KNBau) veröffentlichte das UBA Empfehlungen für einen nachhaltigen Wohnungs- und Städtebau. „35 Prozent der Emissionen hängen direkt mit den Gebäuden zusammen“, sagt Präsident Dirk Messner. „Ohne den Fokus auf Gebäude und Stadtentwicklung kann Klimaschutz nicht gelingen.“

Neu geschaffener Wohnraum soll nach den Vorstellungen der Expertinnen und Experten aus möglichst klimafreundlichen Baustoffen – beispielsweise Holz – errichtet werden. „Durch eine intensive Nutzung von Holz ist ein treibhausgasneutraler Bau und langfristiger Erhalt von Gebäuden nach aktuellen Berechnungen möglich“, heißt es in dem Papier.

„Neben dem dringend nötigen Neubau müssen wir vor allem den Umbau und die Umnutzung bestehender Gebäude stärker in den Fokus rücken. Sonst werden wir unsere Klima- und Ressourcenschutzziele im Gebäudesektor krachend verfehlen“, warnt Messner. Die sozial-ökologische Transformation unserer Städte brauche einen Paradigmenwechsel. „Außerdem müssen wir viel mehr Baustoffe recyceln und im Kreislauf führen.“


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In einem anderen Punkt herrscht Uneinigkeit zwischen den Ministerinnen und dem UBA: In dem Papier wird die Einführung einer Primärbaustoffsteuer speziell für den Einsatz von Kies, Sand und Naturgips im Baugewerbe empfohlen. „Den Vorschlag einer Primärbaustoffsteuer teilt das Bauministerium explizit nicht. Wir sehen nicht, dass angesichts der jetzigen Entwicklung bei den Baukosten das notwendig ist, noch zusätzliche Belastungen von staatlicher Seite zu schaffen“, sagte Geywitz.

Kritik an den generellen Empfehlungen kommt derweil von der Union. „Die Vorschläge werden das Bauen weiter blockieren“, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionschef, Ulrich Lange (CSU), der „Augsburger Allgemeinen“. Klimaschutz funktioniere nur, wenn er auch bezahlbar sei. „Der Wohnungsmarkt ist schon am Boden, die Ziele der Ampel für den Wohnungsbau werden krachend verfehlt und es gibt auch keinerlei Aussicht auf Besserung“, sagte Lange.

Die Ampel hatte den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr als Ziel in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Ende Januar musste Bauministerin Geywitz einräumen, dieses Bauziel auch in diesem Jahr zu verfehlen.

320°/dpa/re

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