Neue Berechnungen

Befürworter eines Tempolimits auf Deutschlands Autobahnen erhalten weitere Argumente –in diesen Fall vor allem ökonomische. Der wirtschaftliche Nutzen eines Tempolimits sei immens, rechnet eine Forschergruppe vor.

Studie: Tempolimit könnte großen ökonomischen Nutzen entfalten


Ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde in Deutschland würde nicht nur einen Klimaschutzeffekt haben, sondern auch einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen mit sich bringen. Das zeigt die Studie einer internationalen Forschergruppe, die im Fachjournal «Ecological Economics» veröffentlicht wurde. Demnach lägen die sogenannten Wohlfahrtsgewinne bei mindestens 950 Millionen Euro pro Jahr.

Neben dem Klimaschutzeffekt seien dafür besonders der eingesparte Treibstoff, weniger Unfälle, geringere Lieferkettenkosten und Einsparungen bei der Infrastruktur relevant, heißt es in der Studie. Auch ohne Emissionseinsparungen ergebe sich ein Wohlfahrtsgewinn von 660 Millionen Euro jährlich. Die Experten bewerten das Tempolimit daher als Win-win-Situation: Gut fürs Klima und mit erheblichem Gewinn für die Gesellschaft.

Kraftstoffeinsparung von 766 Millionen Euro

Als Wohlfahrt wird in der Ökonomie der Nutzen für Einzelne oder die Gesellschaft bezeichnet. Wie genau Wohlfahrt im Einzelnen bestimmt werden kann, etwa über das Bruttoinlandsprodukt oder weitere Indikatoren, ist unter Ökonomen umstritten.

Die Experten aus Deutschland, Schweden und Kanada stützten sich bei der Berechnung auf öffentlich zugängliche Daten. Mit Hilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse ermittelten sie die Auswirkungen eines Tempolimits auf Reisezeiten, Treibstoffverbrauch und -subventionen, Lieferketten, Infrastrukturausbau und -unterhalt sowie Unfälle, ferner Landnutzung, Emissionen von Luftschadstoffen und Treibhausgasen. Dabei berechneten sie, welche ökonomischen Schäden und Vorteile entstehen würden.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Aus Sicht des Verkehrsökologen Professor Udo Becker vom Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr an der TU Dresden zeigen die Ergebnisse der Studie, dass ein Tempolimit volkswirtschaftlich vorteilhaft sei. Fahrerinnen und Fahrer würden durch ein Tempolimit Kraftstoff im Wert von 766 Millionen Euro pro Jahr sparen. In der Studie seien alle wesentlichen Wirkungen einbezogen worden.

„Um die Klimaprobleme ebenso wie die Flächenverbrauchs-, Abgas- und Lärmprobleme des Verkehrs zu reduzieren, ist ein Tempolimit auf Bundesautobahnen damit ein volkswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen“, sagt Becker. Professor Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin nannte die Annahmen und Methodik der Studie plausibel. Die Annahmen seien konservativ getroffen, insbesondere bei den sozialen Kosten der CO2-Emissionen.


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Deutschland ist nach wie vor das einzige große Land der Welt, in dem es keine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen gibt. Eines der Hauptargumente dafür sei, dass niedrigere Geschwindigkeiten Kosten für die Reisezeit verursachten, die nicht durch Vorteile wie eine Verringerung der Treibhausgasemissionen aufgewogen würden. Aus Sicht der Forscher sind die vorgebrachten Argumente irreführend.

320°/dpa

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