PET-Einwegflasche

Günther Jauch macht Werbung für PET-Einwegflaschen von Lidl. Die Deutsche Umwelthilfe reagiert und warnt Verbraucher, auf die Werbekampagne „hereinzufallen“. Lidl reagiert nun ebenfalls – mit einem Faktencheck.

Kreislaufflasche: Lidl kontert Kritik der Umwelthilfe


Zur besten Sendezeit wirbt Günther Jauch aktuell für die Einwegflaschen des Discounters Lidl – und ruft damit die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf den Plan. „Wir warnen Verbraucherinnen und Verbraucher davor, auf die Werbekampagne von Lidl hereinzufallen“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. „Lidl vergleicht Äpfel mit Birnen und verschweigt in ihren Werbespots für sie unangenehme Ergebnisse. Wir fordern Günther Jauch auf, sich von dieser Einwegplastik-Kampagne zu distanzieren.“

Grundlage der Kampagne ist eine Ökobilanzstudie, die Lidl beim ifeu-Institut in Auftrag gegeben hat. Nach Einschätzung der Umwelthilfe werden dabei „Äpfel mit Birnen“ verglichen. Lidl vergleiche sein eigenes spezifisches Einwegplastik-System nicht mit dem eines spezifischen Mehrweg-Abfüllers, sondern stelle dem eigenen System Marktdurchschnittsdaten von Mehrweg gegenüber. Dabei würden für das Lidl-System neue technische Daten aus dem Jahr 2021/22 und für das Mehrweg-System Zahlen verwendet, die teils vor mehr als zehn Jahren erhoben worden seien.

„Perfide Vortäuschung“

Darüber hinaus kritisiert die Umwelthilfe, dass Lidl in seinen Werbespots und auf Plakaten verschweige, dass die 0,5 Liter Lidl-Einweg-Plastikflasche aus 100 Prozent Recyclingmaterial ökobilanziell schlechter als Mehrweg abgeschnitten habe. „Perfide“ sei auch die Vortäuschung eines 100-Prozent-Lidl-Materialkreislaufs. „Tatsächlich gibt es bei jedem Recyclingvorgang einen Materialschwund zwischen zwei bis fünf Prozent – also Plastik, das verloren geht und aus anderen Quellen ersetzt werden muss“, so die Umweltorganisation. „Ohne eine Auffrischung mit Neumaterial stünde nach einer gewissen Zeit gar kein ursprüngliches Recyclingmaterial mehr zur Verfügung.“

„Um das beim Recycling verloren gegangene Material wieder aufzufüllen, bedient sich Lidl bei anderen Marktakteuren und bezieht von ihnen alte Einweg-Plastikflaschen. Diese Unternehmen müssen das Material dadurch anderweitig ersetzen. In der Regel greifen sie dazu auf fossil basiertes Neuplastik zurück. Der angebliche 100-Prozent-Recyclingkreislauf von Lidl wird so zur Farce“, sagt Thomas Fischer, DUH-Leiter des Bereichs Kreislaufwirtschaft .

Laut Umwelthilfe betonen die Autoren der Lidl-Studie zudem selbst, dass der vom Discounter beworbene Ansatz von Einweg-Plastikflaschen aus 100 Prozent Recyclingmaterial nicht auf die gesamte Getränkebranche und andere Unternehmen übertragen werden kann. „Tatsächlich beträgt der durchschnittliche Einsatz von Recyclingmaterial zur Herstellung von Einweg-Plastikflaschen branchenweit lediglich 40 Prozent“, meint die Umwelthilfe. „Deshalb bleiben Plastikflaschen, trotz der von Lidl beworbenen Optimierungen, was sie schon immer waren: eine insgesamt unökologische Einwegverpackung.“

Lidls Faktencheck im Wortlaut

Lidl reagiert auf die Vorwürfe mit einem eigenen Faktencheck. Wir geben den Inhalt im Wortlaut wieder:

  • „Behauptet wird: Das System der Kreislaufflasche ist nicht auf den gesamten Markt übertragbar

Richtig ist:

Die Kreislaufflasche verfügt schon heute über einen Marktanteil von etwa 20 Prozent bei bepfandeten PET-Einweggetränkeflaschen in Deutschland. Bei Lidl werden aktuell rund 60 Getränke in PET-Flaschen als Kreislaufflasche angeboten. Das entspricht circa 64 Prozent der bei Lidl verkauften Getränke in PET-Flaschen. Darüber hinaus verfügen bereits auch bedeutende Marken- und Eigenmarkenhersteller von Getränken über innovative Einweggetränkeverpackungen mit Pfand mit einem hohen Recyclinganteil. Aus diesen Gründen kann nicht von einer Nischenlösung gesprochen werden.

Hinzu kommt, dass aktuelle Berechnungen von GVM/ifeu zeigen, dass, wenn alle Einweg-PET-Pfandflaschen im Kreislauf gehalten würden, genug Rezyklat vorhanden wäre, um ein ökologisch nachhaltiges Verpackungssystem ähnlich dem der Kreislaufflasche auch flächendeckend anzubieten.

  • Behauptet wird: Das System der Kreislaufflasche ist kein geschlossener Kreislauf

Richtig ist:

Die Kreislaufflaschen bestehen vollständig aus Recyclingmaterial und werden ausschließlich aus den bei Lidl und Kaufland zurückgegebenen gebrauchten Einwegflaschen hergestellt. Dazu gehören – entsprechend der Struktur des deutschen Einweg-Pfandsystems – auch Flaschen anderer Hersteller. Teil der vorliegenden Ökobilanz für die Kreislaufflasche ist die Berücksichtigung sämtlicher Materialflüsse und Energieaufwendungen und den daraus entstehenden Umweltbelastungen. Im Ergebnis ist das System der Kreislaufflasche gleichwertig zu den untersuchten Mehrwegsystemen – teilweise sogar besser. Aufnahmen von Materialien in und auch Abflüsse aus dem Kreislauf wurden dabei für alle verglichenen Systeme berücksichtigt. Auch Mehrwegsysteme verfügen über Materialaufnahmen und -abgaben.

  • Behauptet wird: Die Transportwege fallen übermäßig positiv für Lidl aus

Richtig ist:

In der Ökobilanz, die nach dem ISO 14040/44-Standard durchgeführt und daher auch von kritischen Gutachtern geprüft wurde, sind die realen Transportentfernungen eingeflossen. Die für die ökobilanzielle Bewertung der Kreislaufflasche verwendeten Daten sind darüber hinaus durch einen unabhängigen externen Auditor überprüft und bestätigt worden. Die Werte für die Mehrwegtransporte werden in dem durch das Umweltbundesamt durchgeführten Projekt „Ökobilanzielle Analyse von Optimierungspotentialen bei Getränkeverpackungen“ (FKZ 3721 31 302 0) verwendet.

  • Behauptet wird: Die Studie verwendet alte Daten

Richtig ist:

Die Unternehmen der Schwarz Gruppe fordern bereits seit vielen Jahren neue Ökobilanzen für Getränkeverpackungen. Pauschale Behauptungen zu ökologischen Wirkungen von Mehrweg oder Einweg mit Pfand müssen wissenschaftlich überprüfbar sein. Für die Kreislaufflasche – im Vergleich zum Standard-Mehrwegsystem – hat Lidl in Deutschland jetzt eine Ökobilanz vorgelegt. Lidl hat den Vergleich durchgeführt und fordert andere Marktbegleiter auf, dies ebenfalls zu tun.

Der Studie liegen die für die Mehrwegflaschen aktuellen öffentlich verfügbaren Daten zugrunde. Der Sachstand der letztmaligen Bilanzierung wurde umfänglich aktualisiert. Auch im aktuell durch das Umweltbundesamt durchgeführten Projekt „Ökobilanzielle Analyse von Optimierungspotentialen bei Getränkeverpackungen“ (FKZ 3721 31 302 0) werden diese Daten verwendet.

  • Behauptet wird: Äpfel werden mit Birnen verglichen (optimiertes Einweg versus nicht optimiertes Mehrweg)

Richtig ist:

Lidl hat gemeinsam mit der Schwarz Produktion in den vergangenen Jahren alles dafür getan, das Material, welches an den Pfandautomaten abgegeben wird, wieder zu neuen Flaschen zu verarbeiten. Dieses System wurde einer ökobilanziellen Bewertung unterzogen und mit den weitverbreiteten und bekannten Pool-Mehrwegsystemen verglichen. Diese sind bestens untersucht und bilden die Bezugspunkte in der öffentlichen und politischen Diskussion. Ein Vergleich mit einem nicht marktrelevanten unternehmensspezifischen Mehrwegsystem hätte den Vorwurf aufgeworfen, dass Lidl nicht mit repräsentativen Daten arbeitet. Zumal fraglich ist, ob solche marktrelevanten Systeme überhaupt existieren.

Die von der Deutschen Umwelthilfe angesprochene Dekarbonisierung von Verkehr und Elektrizität wird sich für alle Systeme gleichermaßen positiv auswirken.

  • Behauptet wird: Die 0,5-Liter-Flasche ist schlechter als Mehrweg

Richtig ist:

In der vorliegenden Ökobilanz wird auch diese Flasche hinreichend untersucht und ihre Ergebnisse dargestellt. Die 0,5-Liter-Flasche reicht im ökologischen Profil nicht an die 1,5 Liter-Kreislaufflasche und die 1 Liter-Pool-PET-Mehrweg-Flasche heran. Sie ist aber in der Klimawirkung sowie der Mehrzahl der Umweltwirkungskategorien vergleichbar mit der (ebenfalls größeren) 0,7-Liter-Glas-Mehrweg-Poolflasche.

Lidl teilt das politische Ziel einer ökologischen Transformation des Getränkemarktes im Sinne des Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutzes. Dafür steht die Kreislaufflasche. In der Wahl der Instrumente zur Erreichung dieses Ziels plädiert Lidl für eine systemoffene, diskriminierungsfreie Transformation, in der beide Systeme – Mehrweg sowie die ökologisch gleichwertigen Alternativen optimierter Kreislaufsysteme – jeweils ihren Beitrag leisten können und sollten. Lidl begrüßt jegliche objektive Optimierungsbemühungen auf dem Getränkeverpackungsmarkt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden auch im Mehrwegsegment in den nächsten Jahren Fortschritte erzielt, die den ökologischen Fußabdruck auch dieses Systems verbessern werden. Langfristig geht es darum, den Getränkemarkt auf Basis von Innovationen und Fakten insgesamt ökologischer zu gestalten und so CO2-Emissionen und weitere Umweltbelastungen zu reduzieren. Diesen Weg beschreitet Lidl bereits heute mit der Kreislaufflasche.“

320°/re

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