Kohle-Planungen

Für den Klimaschutz sind es gute Nachrichten: Nur die Hälfte der im vergangenen Jahr geplanten neuen Kohlekraftwerke weltweit wird voraussichtlich auch gebaut. Fachleute haben abgeschätzt, welche Folgen das für die Erderwärmung haben wird.

Rund 50 Prozent weniger neue Kohlekraftwerke als angekündigt


Als Fachleute Mitte letzten Jahres die Kapazität der weltweit in Bau befindlichen oder geplanten neuen Kohlekraftwerke addierten, war das Ergebnis erschreckend: Auf 476 Gigawatt summierten sich die Projekte. Unter diesen Umständen wäre das internationale Ziel, die Erderhitzung auf unter 2 und möglichst unter 1,5 Grad zu begrenzen, unerreichbar.

Doch jetzt gibt es Entwarnung. In einer Studie unter Leitung des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) haben Fachleute die Ankündigungen auf ihre Umsetzung abgeklopft – und kommen auf rund 50 Prozent Storno. Veröffentlicht wurde die Studie jetzt in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters.

„Für die Verhandlungen zum globalen Kohleausstieg ist es wichtig zu wissen, was bei den Kraftwerken realistischerweise noch an Zuwachs droht“, erklärt Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung und Co-Autor der Studie. „Planungen und sogar laufende Bauprojekte können auf Eis gelegt werden, wenn sich zum Beispiel das Finanzierungsumfeld, nationale Energie-Strategien oder auch die Kosten erneuerbarer Energien ändern. Wir beleuchten die Ausgangslage und damit auch das Ambitionsniveau der bisherigen und künftigen Kohle-Vereinbarungen, der sogenannten JETPs.“

1,5 Grad-Ziel wäre noch erreichbar

Die jetzt vorliegende Analyse stützt sich auf eine wissenschaftliche Umfrage unter internationalen Fachleuten – was eine etablierte und vor allem im Energie-Bereich häufig genutzte Forschungsmethode bei Themen ist, zu denen aussagekräftige Statistiken noch nicht verfügbar sind. In einem Suchverfahren identifizierte das Forschungsteam 29 besonders versierte Fachleute aus zehn Ländern, auf die 90 Prozent der in Bau befindlichen oder offiziell geplanten neuen Kohlekraftwerke entfallen: Bangladesch, China, Indien, Indonesien, Laos, die Mongolei, Pakistan, die Türkei, Vietnam und Zimbabwe.

Aus den Antworten wird deutlich, dass die voraussichtliche Umsetzung der einmal verkündeten Kohle-Planungen je nach Land sehr unterschiedlich ist – am meisten wird in Bangladesch und in der Mongolei gecancelt, am wenigsten in China. Unterm Strich gehen die Fachleute davon aus, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in den zehn betrachteten Ländern noch rund 215 Gigawatt an neuer Kohlekraftwerkskapazität installiert werden.

Die Studie untersucht auch, was das fürs Klima bedeuten würde. „In drei Vierteln der wissenschaftlichen Klimapolitik-Szenarien mit nur 1,5 Grad Erderhitzung ist die Kohlenutzung weltweit bis zum Jahr 2050 runter auf null“, gibt Lorenzo Montrone zu bedenken, Leitautor der Studie und bis vor kurzem Doktorand am MCC. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig die internationale Unterstützung ist, aus der Kohle auszusteigen und Alternativen auszubauen. Eine Möglichkeit, mit den neu gebauten Anlagen umzugehen, wäre die Begrenzung ihrer Laufzeit auf 15 Jahre. Wenn das gelingt, ist das 1,5-Grad-Ziel durchaus weiterhin in Reichweite.“

320°/re

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