Recyclingbaustoffe

Wer nachhaltiges Bauen fördern will, sollte an mehreren Stellen ansetzen, meinen Experten. Dazu zählen Anreize zur Verwendung von Recyclingbaustoffen und auch eine bessere Akzeptanz für sekundäre Rohstoffe in der Öffentlichkeit. Das Bauen mit Holz hingegen sei keine Lösung.

„Keiner will sein Haus mit Bauschutt vom Nachbarn bauen“


Die Sachverständigen, die am Mittwoch an einem öffentlichen Fachgespräch des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung teilnahmen, waren sich einig. Wenn das nachhaltige Bauen gefördert werden soll, müssten verstärkt Recyclingmaterialien eingesetzt werden.

„Wir brauchen unbedingt Quoten für Recyclingmaterialien“, sagte Stanimira Markova, Leiterin des Forschungsbereichs „Zukunftstechnologien Gebäudenachhaltigkeit“ an der Rheinisch-Westfälischen Technische Hochschule (RWTH) Aachen. In der Schweiz sei es durch die Einführung einer 20-Prozent-Mindesteinsatzquote für Recyclingbeton gelungen, dutzende Bauwerke zu schaffen, die vollständig aus Recyclingbeton hergestellt seien und dennoch höchsten Anforderungen an die Tragfähigkeit genügten. „Das ist inzwischen ganz normaler Standard“, sagte sie nach Angaben des Pressedienstes des Bundestags.

Ähnlich sieht es Volker Thome, Leiter der Abteilung „Mineralische Werkstoffe und Baustoffrecycling“ am Fraunhofer-Institut für Bauphysik. In öffentlichen Ausschreibungen sollte die Verwendung eines gewissen Prozentsatzes an sekundären Rohstoffen verpflichtend vorgeschrieben werden, fordert er. Empfehlenswert sei zudem der Erlass von CO2-Zertifikaten bei Verwendung von klimaneutralem sekundärem Kalk.

Anreize für Bauschuttaufbereiter

Recyclingverfahren würden nur dann von Baustoffaufbereitern eingesetzt, wenn diese auch wirtschaftlich lohnend seien, betonte Thome. Solange aber Müllexporte ins Ausland oder eine Deponierung billiger sind, hätten es neue Verfahren schwer, sich auf dem Markt zu etablieren.

Der Fraunhofer-Experte forderte außerdem, für Bauschuttaufbereiter entweder finanzielle Anreize oder ein Belohnungssystem zu schaffen, damit innovative Verfahren, die eine konkrete Treibhausgasminderung oder eine echte Kreislaufwirtschaft realisieren, auch zur Anwendung kommen. Ein Baustoffproduzent, der lediglich primäre Rohstoffe einsetzt, sollte gegenüber einem, der sekundäre Rohstoffe einsetzt, keinen Marktvorteil besitzen.

Wichtig sei es auch, die Akzeptanz für sekundäre Rohstoffe in der Öffentlichkeit zu erhöhen. „Keiner will sein Haus mit dem Bauschutt vom Nachbarn bauen“, sagte Thome laut Bundestag-Pressedienst. Daher müsse klar festgelegt sein, ab wann Abfall ein sekundärer Rohstoff ist.


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Statt mit Beton künftig mit Holz zu bauen, sei zwar aktuell populär, ist aus Sicht von Stanimira Markova aber keine Lösung des Problems. Die globalen Waldflächen schrumpften mit einem besorgniserregenden Tempo, sagte sie. Damit gehe auch ein CO2-Absorptionspotenzial verloren. 129 Kubikmeter Rohholz würden für ein Bürogebäude benötigt, sagte sie. „Das sind ungefähr 250 Hektar Wald, was der Fläche von 350 Fußballfelder entspricht.“ Außerdem sei Holz nicht wiederverwendbar und werde nach Abriss verbrannt, was wiederum Emissionen freisetze.

„Wenn wir die Emissionsproduktionen reduzieren wollen, müssen wir dafür sorgen, dass wir beim Bauen weniger Materialien abbauen, herstellen und transportieren“, sagte Markova. Die absolute Priorität sollte daher bei der Weiternutzung und der Erhaltung des Bestandes liegen. So könnten alle bereits produzierten Materialien weiter genutzt werden. Dazu müssten neue Bauwerke aber anders gebaut werden, „um sicherstellen zu können, dass wir in der Zukunft nur einen Bestand haben, der sich an die neuen Anforderungen und den Bedarf anpassen lässt“, sagte Markova.

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