Standort Lingen

In Lingen ist eine Anlage zur Erzeugung von Roheisen mithilfe von Wasserstoff in Betrieb gegangen. Das Besondere: Das anfallende Wasser und der überschüssige Wasserstoff können wiederverwendet werden.

Neue Anlage für klimaneutrales Roheisen


In der niedersächsischen Stadt Lingen ist am Freitag eine Anlage in Betrieb gegangen, in der mithilfe von „grünem“ Wasserstoff Roheisen aus Eisenerz hergestellt werden kann. Die Anlage ist ein Gemeinschaftsprojekt des Startup-Unternehmens CO2Grab/HyIron, des Stahlherstellers Benteler und des Energieversorgers RWE.

Eine Besonderheit des neuen Verfahrens in Lingen sei, dass sowohl das bei der Eisenproduktion anfallende Wasser wiederverwendet werden könne als auch überschüssiger Wasserstoff noch einmal in den Prozess gegeben werden könne, erklärt CO2Grab-Projektmanager Simon Brügge. „Um den Prozess am Laufen zu halten, ist immer ein bisschen mehr Wasserstoff notwendig als laut chemischer Formel nötig“, sagt er. Bei den bislang üblichen Verfahren müsse überschüssiger Wasserstoff nach dem Prozess verbrannt werden. Das neue Verfahren sei daher auch effizienter, was den Wasserstoffeinsatz angehe.

Roheisen aus Eisenerz: Effizienterer Wasserstoffeinatz | Foto: picture alliance/dpa | Friso Gentsch

Allerdings steht grüner Wasserstoff in Lingen noch nicht sofort, sondern erst in einigen Monaten zur Verfügung. Der Energiekonzern RWE baut derzeit in Lingen auf seinem Kraftwerksgelände in direkter Nachbarschaft zur Direktreduktionsanlage eine Pilotanlage zur Erzeugung grünen Wasserstoffs mit einer Kapazität von 14 Megawatt. Diese soll nach Angaben eines RWE-Sprechers Ende des Jahres in Betrieb gehen. Genutzt werden soll Strom von Windparks in der Nordsee.

Testanlage für Stahlwerk in Namibia

Die Lingener Anlage soll auch als Testanlage für ein in Namibia geplantes Stahlwerk dienen. „In Namibia bauen wir mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz derzeit eine Produktion im industriellen Maßstab auf“, sagte Steffen Lackmann, Gesellschafter des „HyIron“-Verbundes.

Langfristig solle dort eine Produktion im industriellen Maßstab aufgebaut werden, mit dem Ziel, bis zu zwei Millionen Tonnen Eisen jährlich für die deutsche Stahlindustrie zu produzieren. Diese Anlage wird laut Lackmann im nächsten Jahr gebaut. Das Eisenerz soll direkt an der Eisenerzmine zu Eisen umgewandelt werden, um auf diese Transportwege zu sparen. Die Eisen- und Stahlindustrie ist die Branche mit dem höchsten Anteil an Treibhausgasemissionen in der deutschen Industrie. Im Jahr 2022 machte ihr CO2-Ausstoß  9,5 Prozent der gesamten Industrieemissionen aus. Bislang wird für die Eisenherstellung Kokskohle oder Erdgas verwendet. Dabei wird viel Kohlendioxid freigesetzt.

320°/dpa/re

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