Grüne Transformation

Die Sorge in der Stahl- und Erneuerbaren-Branche ist groß: Es brauche jetzt klare Antworten der Politik, wie die grüne Transformation finanziert werden soll. Sonst drohe ein Stillstand der Investitionen.

„Es droht ein Stillstand“: Verbände fordern Transformationsgipfel


Die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Übertragung von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig zu erklären, hat weitreichende Auswirkungen auf die Finanzierung der grünen Transformation der deutschen Industrie. Aus Sicht der Wirtschaftsvereinigung Stahl und des Bundesverbands Erneuerbare Energie ist damit die Finanzierung der grünen Transformation des Industriestandortes massiv gefährdet.

 „Wenn die Politik jetzt keine klare Antwort findet, wie die Transformation der Industrie verlässlich finanziert werden kann, droht ein Stillstand bei Investitionen und bei zentralen Projekten der Transformation mit weitreichenden Folgen für die Klimaschutzziele, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes und für Beschäftigung“, warnt Bernhard Osburg, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Ohne die Transformation der Grundstoffindustrie könnten die für 2030 gesteckten Klimaziele nicht erreicht werden – und ohne Transformation seien Wohlstand und Resilienz nicht zu gewährleisten.

„Lösungen dürfen sich nicht nur an haushaltspolitischen Erwägungen ausrichten, sondern müssen vor allem konjunktur- und standortpolitisch gedacht werden“, appellieren die beiden Verbände.

Viele offene Fragen

Osburg fordert Antworten von der Politik, wie es beispielsweise mit der europäischen IPCEI-Förderung (IPCEI: „Important Project of Common European Interest“) weitergeht. Nur sechs von 45 Projekten seien bisher bewilligt worden. Für 25 Projekte sei ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn genehmigt worden, sodass bereits Investitionen getätigt worden seien – im Vertrauen darauf, dass die Förderung auch bewilligt und über die nationalen Haushalte ausgezahlt werde.

Unklar sei auch, welche Auswirkungen auf die Strompreise zu erwarten sind und wie es mit den Klimaschutzverträgen weitergeht. Ein Fragezeichen stehe auch hinter dem Wasserstoffhochlauf und den Investitionshilfen für die Transformation.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

„Investoren für die Erneuerbaren stehen über alle Branchen bis hin zu Speichern und grünem Wasserstoff bereit“, betont Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie. Jetzt brauche es Klarheit über das Tempo des Ausbaus und die Leitplanken eines neuen Strommarktes.

Gemeinsam fordern die beiden Verbandsspitzen die Einberufung eines Transformationsgipfels der Bundesregierung noch in diesem Jahr. Dieser müsse eine Transformationskommission einberufen, die zeitnah konkrete Lösungen erarbeiten soll.

Im neuen Jahr müsse zudem der zwischen Bund und Ländern vereinbarte Pakt zum beschleunigten Abbau von regulatorischen Hürden und Hemmnissen umgesetzt werden. Vor Ostern sollte ein „Genehmigungsturbo“ gezündet werden, um Genehmigungen zu vereinfachen, Verfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen.

100.000 Arbeitsplätze im Norden in Gefahr

Nach Schätzungen der IG Metall sind durch die Haushaltskrise des Bundes allein in Norddeutschland 100.000 bestehende oder geplante neue Arbeitsplätze gefährdet. Als Beispiel nennt die Gewerkschaft die geplante Batteriefertigung des schwedischen Northvolt-Konzerns in Heide. „Wir haben die Stahlwerke und Gießereien an der Weser, in Hamburg und in Schleswig-Holstein mit 5.000 Arbeitsplätzen, wo die Frage ist, wie geht es jetzt da weiter?“, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter Küste der Deutschen Presse-Agentur.

Hinzu komme das Thema Windenergie an Land und auf See. „Auch da wollten wir nach vorne raus ja jetzt viele Sachen machen. Da sind wir alleine mit knapp 30.000 Arbeitsplätzen betroffen.“ Investitionen in den Bereichen Wasserstoff und klimaneutrale Luftfahrt könnten ebenfalls betroffen sein.

Friedrich äußerte „großes Unverständnis“ über die in dieser Situation entstandene finanzpolitische Hängepartie und verlangte „klare Signale aus Berlin und auch aus den Landeshauptstädten“, dass an den notwendigen Zukunftsinvestitionen festgehalten werde.

320°/re

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