Staatliche Kaufprämie
Die Aufregung ist groß, das Unverständnis auch: Seit gestern Nacht gibt es keine Förderung mehr für den Kauf eines Elektroautos. Wer ein Auto bestellt, aber noch nicht zugelassen hat, geht leer aus.
Stopp der E-Auto-Förderung: „Ein unfassbar großer Vertrauensbruch“
Die Bundesregierung hat die staatliche Kaufprämie für Elektroautos bereits am Wochenende beendet. Mit Ablauf des 17. Dezember 2023 können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) keine neuen Anträge für den Umweltbonus mehr gestellt werden, wie das Wirtschaftsministerium am Samstag mitteilte. Ursprünglich sollte die Förderung von Elektroautos nach Angaben des Ministeriums Ende 2024 enden oder früher, wenn die Mittel aufgebraucht sind.
Anträge, die noch bis einschließlich 17. Dezember 2023 beim Bafa eingegangen sind, werden noch in der Reihenfolge ihres Eingangs weiterbearbeitet. Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug bereits zugelassen ist. Wer also im Vertrauen auf die staatliche Förderung von 4.500 Euro bis Jahresende beziehungsweise 3.000 Euro im kommenden Jahr ein Elektroauto bestellt hat, geht leer aus, wenn das Auto noch nicht zugelassen ist.
Verbraucherverbände: Kaufdatum sollte entscheidend sein
Der Bundesverband Verbraucherzentrale hat das vorzeitige Ende der Förderung grundsätzlich begrüßt. „Kaufprämien waren kurzfristig wichtig, um die Verbreitung von Elektroautos anzukurbeln“, sagte die Mobilitätsexpertin des Verbands, Marion Jungbluth, der Deutschen Presse-Agentur. Langfristig könne der Markthochlauf aber nicht auf Kosten der Steuerzahler finanziert werden. „Es muss jedoch sichergestellt werden, dass mindestens alle eine Prämie erhalten, die ihr E-Fahrzeug bereits im Vertrauen auf die Förderung bestellt haben“, schränkte Jungbluth ein. Dazu müsse die Bundesregierung das Kaufdatum zum entscheidenden Faktor machen.
Auch der ADAC kritisierte das Verfahren, die Förderzusage erst bei der Zulassung und nicht schon beim Kauf zu geben. Für Verbraucher, die ein E-Fahrzeug bestellt hätten, es aber vor dem 17. Dezember nicht zulassen könnten, sei die Entscheidung besonders bitter, weil sie den Umweltbonus einkalkuliert hätten.
Die Regierung habe den Verbrauchern versprochen, sie unter bestimmten Voraussetzungen beim Kauf eines E-Pkw zu unterstützen, betonte auch die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. „Diesen Menschen jetzt den Zuspruch zu verwehren, weil man weiterhin am Zulassungs- statt am Kaufdatum eines E-Autos festhalten will, untergräbt das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Verlässlichkeit der Politik.“
Zudem den Stichtag auf Sonntag (17.12.) festzusetzen, sei unverhältnismäßig, kritisierte Müller. „Wir plädieren mit Nachdruck an die Bundesregierung und den Bundestag, schnellstmöglich eine Lösung zu finden, die den Kundinnen und Kunden ihren beim Kauf des Autos fest eingeplanten Bonus garantiert.“
SPD-Fraktion: „Äußerst unglücklich“
Die SPD-Bundestagsfraktion steht zum vorzeitigen Auslaufen der Förderung. „Wir empfinden den am Samstag kurzfristig verkündeten Förderstopp zum 17.12. jedoch als äußerst unglücklich“, teilten die Fraktionsvizes Detlef Müller, Matthias Miersch und Verena Hubertz der dpa mit.
Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) müsse einen verlässlicheren Übergang organisieren. Die Fraktionsvizes erklärten: „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten lebensnahe Übergangsfristen von politischen Entscheidungsträgern. Die meisten Menschen müssen bei der Anschaffung eines neuen Pkws sehr genau rechnen, wie sie sich das leisten können, und haben die Prämie sicher eingeplant.“
Auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) kritisierte das abrupte Ende der Förderung. „Das ist ein unfassbar großer Vertrauensbruch für mehrere Zehntausend Kundinnen und Kunden, die ihre E-Fahrzeuge bestellt haben unter der Voraussetzung, dass die Fördersumme fließt“, sagte ZDK-Präsident Arne Joswig laut Mitteilung. „Das Mindeste wäre, den Umweltbonus bis zum Jahresende laufen zu lassen und gleichzeitig in Abstimmung mit Ländern und Kommunen dafür zu sorgen, dass bis zum 31.12.2023 Zulassungsstellen geöffnet bleiben, um Zulassungen vornehmen zu können.“
Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, es sei immer klar gewesen, dass der Umweltbonus irgendwann auslaufen werde. Ein festes Enddatum für die Förderung habe es nicht gegeben. „Insofern gab es nie eine Fördergarantie, sondern das Auslaufen war klar.“
Stellantis verspricht volle Prämie
Einige Autohersteller planen oder erwägen, die staatliche Kaufprämie für eine Übergangszeit zu übernehmen. So auch der Autokonzern Stellantis mit den Marken Peugeot, Opel, Fiat, Jeep und anderen. Man garantiere bis Ende des Jahres die volle Prämie von bis zu 6.750 Euro für Elektrofahrzeuge, die nach den bisherigen Richtlinien förderfähig waren, teilte das Unternehmen am Montag mit. Die volle Prämie setzt sich zusammen aus der bisher zugesagten staatlichen Prämie von 4.500 Euro plus der hälftigen Herstellerprämie von 2.250 Euro.
Zudem will Stellantis für bereits bestellte E-Fahrzeuge, die von ihren Besitzern bis zum 29. Februar 2024 zugelassen werden, eine Prämie von bis zu 4.500 Euro übernehmen. Der koreanische Hersteller Hyundai garantiert seinen E-Auto-Kunden, die bis 17. Dezember einen Vertrag abgeschlossen haben, noch die volle Umweltprämie aus 2023.
Der Autobauer Audi kritisierte, mit dem sofortigen Ende des Umweltbonus habe die Ampel ihr Versprechen an die Kunden gebrochen. Das Vertrauen in die Politik sei „tief enttäuscht“ worden. Nun stornierten Kunden bereits bestellte E-Fahrzeuge. „In den anstehenden Haushaltsverhandlungen erwarten wir ein klares Bekenntnis zur Förderung der Elektromobilität und ein Entgegenkommen der Politik für betroffene Kundinnen und Kunden“, teilte Audi mit.
BMW äußerte „Verständnis für die angespannte Haushaltslage und die daraus resultierenden Entscheidungen der Bundesregierung. Langfristig müssen sich neue Technologien selber am Markt tragen.“
Förderung „sehr erfolgreich“
Um den Absatz von Elektroautos anzukurbeln, hatte die damalige Bundesregierung 2016 eine Kaufprämie beschlossen. Nach Angaben des Wirtschafts- und des Klimaschutzministeriums vom Samstag wurden seitdem rund zehn Milliarden Euro für etwa 2,1 Millionen Elektrofahrzeuge ausgezahlt. Das Förderprogramm sei sehr erfolgreich gewesen und habe die Elektromobilität in Deutschland entscheidend vorangebracht, hieß es.
Nach Angaben des Bafa wurden in diesem Jahr bisher rund 376.000 Anträge für elektrisch betriebene Fahrzeuge gestellt und 2,4 Milliarden Euro ausgezahlt. Die Zahl der beantragten Fahrzeuge ist im Vergleich zu 2022 gesunken. Dies liegt daran, dass seit dem 1. Januar 2023 nur noch batterie- und brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge gefördert werden und keine Hybridfahrzeuge mehr. Außerdem können seit dem 1. September nur noch Privatpersonen den Umweltbonus beantragen. Im Jahr 2022 wurden noch 3,4 Milliarden Euro für 820.000 Fahrzeuge bewilligt.
Wirtschaftsministerium: Kein Geld mehr
Das Wirtschaftsministerium wies am Sonntag die Kritik am schnellen Aus zurück. „Wir wissen, dass es für jene, die auf die Förderung gehofft hatten, eine missliche Situation ist. Aber leider war diese Entscheidung notwendig, weil nicht mehr ausreichend Geld zur Verfügung steht, um Anträge, die nach dem Sonntag eingehen, noch berücksichtigen zu können“, hieß es.
Wie aus Kreisen des Ministeriums verlautete, sind die Mittel für 2023 aufgebraucht. Die für 2024 noch veranschlagten 209 Millionen Euro reichten wohl nur, wenn die Förderung mit sofortiger Wirkung auslaufe. Nach dpa-Informationen gehen täglich rund 1.400 Anträge zur Prüfung ein, die durchschnittliche Fördersumme liegt bei 4.000 Euro.
Jeder weitere Tag der Antragstellung könnte den Steuerzahler also rund 5,6 Millionen Euro kosten. Bei einem Antragsstopp zum Jahresende wären demnach noch Mittel in Höhe von rund 80 Millionen Euro erforderlich gewesen.
Absturz befürchtet
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Bareiß, befürchtet, dass das Ende der Förderung den ohnehin schleppenden Absatz von Elektroautos einbrechen lässt. Viele Menschen würden sich künftig wieder für einen Verbrenner entscheiden. Damit verabschiede sich die Ampel-Regierung endgültig von ihren Zielen für eine Verkehrswende. „Für die deutsche Automobilbranche und die über 700.000 Beschäftigten ist das ein weiterer schwerer Dämpfer.“
„Mit der Haushaltskrise fährt nach unserer Einschätzung die Autoindustrie in Deutschland in eine Elektroautokrise“, sagte Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Er rechnet mit einem Absatzrückgang von bis zu 200.000 Elektroautos in Deutschland im Jahr 2024. Ohne Förderung seien E-Autos für Neuwagenkäufer deutlich zu teuer.
Der ADAC kritisierte, dass es auf dem deutschen Markt nur drei Fahrzeuge unter 30.000 Euro gebe. „Hersteller müssen zusätzlich das Angebot an günstigeren Fahrzeugen erhöhen“, sagte eine Sprecherin.