Kabinettsbeschluss

Große Tankstellenketten in Deutschland sollen künftig zum Bau von Schnellladesäulen verpflichtet werden. Damit will die Bundesregierung die Infrastruktur ausbauen. Reine Symbolpolitik, kritisiert die Mineralölwirtschaft.

Bundesregierung beschließt Ladesäulenpflicht für Tankstellenketten


Für Fahrer von Elektroautos soll es künftig mehr Schnellladesäulen an Tankstellen geben. Große Tankstellenketten in Deutschland sollen nach Plänen der Bundesregierung künftig zum Bau von Schnellladesäulen verpflichtet werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung brachte das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg.

Die Versorgungsauflage sieht vor, dass Unternehmen mit mindestens 200 Tankstellen ab dem 1. Januar 2028 grundsätzlich an jeder Tankstelle mindestens einen öffentlich zugänglichen Schnellladepunkt mit einer Leistung von mindestens 150 Kilowatt betreiben müssen.

Konkret seien von der Verpflichtung voraussichtlich rund ein Dutzend Unternehmen betroffen, heißt es in einem Papier des Verkehrsministeriums, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Bestand werde berücksichtigt. Mit Blick auf den Hochlauf der Elektromobilität und das Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehr sei es wichtig, eine flächendeckende und leistungsfähige Ladeinfrastruktur bereitzustellen.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Zur Begründung für die Tankstellen-Versorgungsauflage heißt es im Gesetzentwurf, der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur an Tankstellen habe bereits begonnen. „Allerdings erfolgt dieser bislang noch nicht flächendeckend und regional heterogen.“

Verwiesen wird auf die Bedeutung von Tankstellen. „Zum einen stellen Tankstellen mit ihren verkehrsgünstigen Standorten die deutschlandweite Versorgung von Kraftfahrzeugen mit Kraftstoff sicher. Zum anderen gelten sie im Alltag als vertraute und attraktive Anlaufstellen.“ Tankstellenunternehmen sollten daher neben fossilen Kraftstoffen zunehmend auch Ladestrom anbieten.

Durch die Versorgungsauflage sollen laut Entwurf zusätzlich rund 8.000 neue Schnellladepunkte entstehen. Nach Angaben des Ministeriums waren im April von rund 115.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten knapp 22.000 Schnellladepunkte.

Geplant ist dabei ein sogenannter Flexibilisierungsmechanismus. Demnach darf ein Unternehmen für maximal 50 Prozent seiner Tankstellen die Vorgaben abweichend umsetzen – und einen Schnellladepunkt entweder an einem Standort in einem Umkreis von 1.000 Metern oder zusätzlich an einer anderen Tankstelle errichten. Berücksichtigt werden sollen etwa örtliche Gegebenheiten. Zudem soll eine Härtefallregelung greifen, wenn es zu wirtschaftlich unzumutbaren Belastungen kommen sollte.

Mineralölwirtschaftsverband spricht von Symbolpolitik

Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands en2x, Christian Küchen, sagte der dpa, die Tankstellengesellschaften seien beim Aufbau der Ladeinfrastruktur mit vollem Engagement dabei. „Seit Jahren halten sie mit dem bundesweiten Aufbautempo Schritt. Und sie bauen da, wo es am sinnvollsten für E-Autofahrer ist: nicht nur an Tankstellen, sondern auch an Supermärkten, am Straßenrand, zu Hause und am Arbeitsplatz.“

Ein Ladesäulenzwang an Tankstellen wäre „reine Symbolpolitik“, so Küchen. „Im besten Fall führt er nur zu mehr Bürokratie, im schlimmsten Fall wäre er dazu noch klimaschädlich. Denn dann müssen teure Schnellladesäulen an Standorten aufgestellt werden, an denen es absehbar nur wenig Nachfrage nach Ladestrom gibt. Dafür werden bessere Standorte vernachlässigt, da man jeden Euro nur einmal ausgeben kann.“

Nach Angaben des Verbands haben bereits heute zwei Drittel aller Tankstellen in Deutschland eine Schnellladesäule im Umkreis von fünf Kilometern. An rund 370 Autobahnraststätten, das sind fast 90 Prozent aller Standorte, stünden 1.400 Schnellladepunkte zur Verfügung. An nahezu allen großen Tankstellenketten in Deutschland sei also eine Ladesäule vorhanden.

320°/dpa/re

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