Müllabfuhr
Müllabfuhr war lange Zeit eine Männerdomäne. Inzwischen werben viele Städte um Abfallwerkerinnen – so die offizielle Bezeichnung. In Hannover sind bereits 40 von 820 Mitarbeitern Frauen.
Job als Abfallwerkerin: 10.000 Schritte am Tag
In Yvonne Pedds Kindheit, in den 80er- und 90er-Jahren, gab es nur Müllmänner. Noch vor fünf Jahren stand zumindest in Hannover keine einzige Frau auf dem Trittbrett eines Müllwagens. „Ich bin schon stolz, jetzt eine der ersten Müllwerkerinnen zu sein. Es macht wahnsinnig Spaß“, sagt die 46-Jährige und strahlt. Nach Jobs im Einzelhandel und in der Gebäudereinigung hat sie sich vor zweieinhalb Jahren bei aha, dem Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover, beworben.
Inzwischen hat sie einen unbefristeten Vertrag. Acht Stunden am Tag ist sie mit zwei Kollegen unterwegs. Um 5.45 Uhr beginnt ihr Arbeitstag. Zum Sport muss Yvonne Pedd abends nicht mehr gehen, um fit zu bleiben. Rund 10.000 Schritte legt sie täglich zurück. 180 Behälter leeren Yvonne und ihr Kollege auf einer Tour.

Laut Abfallsatzung dürfen die Restmüllcontainer maximal 286 Kilogramm wiegen. In den ersten Wochen bei aha hatte die 46-Jährige Muskelkater und nahm auf Anraten ihrer Kollegen Magnesium ein. Beim Ziehen und Kippen der Behälter und Tonnen kommt es auf die richtige Technik an. Um Unfällen und Rückenproblemen vorzubeugen, bietet der Arbeitgeber regelmäßig Schulungen und Sport an.
Und der Dreck und Gestank? Mit dem Müll komme sie dank Schutzkleidung und Handschuhen gar nicht in Berührung, sagt Yvonne Pedd. An den Geruch aus den Restmülltonnen an heißen Sommertagen gewöhne man sich. „Schließlich ist es draußen, und wir sind an der frischen Luft“, sagt Pedd.
„Ich bekomme nur positive Reaktionen“
Inzwischen versuchen viele kommunale Entsorgungsunternehmen, mit Castings und Werbekampagnen mehr Frauen zu gewinnen. In gemischten Teams verbessere sich das Arbeitsklima, der Umgangston ändere sich, sagt aha-Sprecherin Helene Herich. „Es gibt sogar Auswertungen dazu, dass die Unfallquote langfristig sinkt und die Arbeitssicherheit steigt.“ Oft seien Frauen vorsichtiger und gingen bei der Arbeit weniger Risiken ein.
Ende 2019 hat aha nach einem Speed-Dating für interessierte Frauen die ersten Müllwerkerinnen eingestellt. Inzwischen sind von den 820 Beschäftigten in der Müllabfuhr 40 Frauen, davon vier Fahrerinnen und 36 Müllwerkerinnen wie Yvonne Pedd. Damit liegt der Frauenanteil etwas höher als in Hamburg. Dort arbeiten 31 Frauen und 1012 Männer bei der Müllabfuhr.
„Wir wollen den Frauenanteil bei den Einsatzkräften der Müllabfuhr weiter erhöhen“, sagt auch der Sprecher der Berliner Stadtreinigung, Thomas Klöckner. 18,5 Prozent der Beschäftigten seien weiblich. Von den 1.335 Beschäftigten bei der Müllabfuhr seien aber nur 25 Frauen (Stand: 30. April).
Yvonne Pedd glaubt, dass der Frauenanteil bei der Müllabfuhr weiter steigen wird. „Ich bekomme eigentlich nur positive Reaktionen“, sagt sie. Besonders Kinder im Kinderwagen oder Krippenkinder seien von dem orangefarbenen Fahrzeug begeistert, sie winke ihnen gerne zu. Für die Mädchen und Jungen, denen sie regelmäßig begegnet, sei es selbstverständlich, dass es auch Müllfrauen gibt.