Hohe Strompreise

Die Stimmung in der Wirtschaft ist schlecht. Das liegt auch an den hohen Strompreisen. Offenbar denken viele Industriebetriebe über eine Verlagerung ins Ausland nach. Das zeigt eine Umfrage.

DIHK: Betriebe erwägen Verlagerung ins Ausland


Hohe Preise und bürokratische Hürden bei der Energiewende drohen sich zunehmend negativ auf den Industriestandort Deutschland auszuwirken. Der Trend zur Abwanderung vor allem von Industrieunternehmen verfestige sich, teilte die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter Berufung auf eine Unternehmensbefragung mit. Die Unternehmen verlagerten ihre Produktion nach Frankreich und in andere europäische Länder sowie in die USA und nach China.

Der DIHK-Umfrage zufolge erwägen derzeit vier von zehn Industrieunternehmen, ihre Produktion am Standort Deutschland wegen der Energiesituation einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern. Bei den größeren Industrieunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten denkt sogar mehr als die Hälfte darüber nach. An der Umfrage beteiligten sich laut DIHK rund 3.300 Unternehmen.

Unternehmen bemängeln Perspektive

Die zunehmenden Pläne zur Produktionseinschränkung und -verlagerung sowie die tatsächlichen Verlagerungen zeigten, dass die energiepolitischen Standortbedingungen inzwischen für alle Unternehmen in Deutschland einen deutlichen Wettbewerbsnachteil darstellten, so der DIHK. Dies gelte insbesondere für Industrieunternehmen mit hohen Stromkosten und für große Unternehmen, zum Beispiel im Maschinenbau.

Die Politik habe es bisher versäumt, den Unternehmen eine Perspektive für eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. „Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen zuletzt aus ihrer Sicht deutlich die Risiken.“

Hohe Preise und bürokratische Hürden

Dercks sagte, die Strompreise seien deutlich höher als vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, auch die Gaspreise lägen deutlich höher als etwa in den USA. Noch entscheidender sei der Blick in die Zukunft. Hier fehle die Perspektive und das für Investitionen notwendige Vertrauen, da für die Unternehmen kein klares Konzept zur Senkung der Strompreise erkennbar sei. Stattdessen sähen die Unternehmen mehr Bürokratie, mehr Berichtspflichten und komplizierte Genehmigungsverfahren.

Aus Sicht des DIHK müssten Steuern und Abgaben auf Strom gesenkt werden. Umlagen sollten aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die im Wachstumspaket vorgesehene dauerhafte Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe sollte auf alle Branchen ausgeweitet werden.

Die Bundesregierung hatte aus Spargründen einen Bundeszuschuss für die Stromnetze in Höhe von rund 5 Milliarden Euro gestrichen. Das sei viel Geld, sagte Dercks. Wenn aber die Industrie aus Deutschland abwandere, habe man ein ganz anderes Problem, denn das koste Wachstum.

Auch IG Metall warnt vor Abwanderung

„Die Maßnahmen, die die Bundesregierung bisher ergriffen hat, sind richtig, reichen aber bei weitem nicht aus“, kritisierte Jürgen Kerner, zweiter Vorsitzender der IG Metall. Die Wettbewerbsfähigkeit sei unter diesen Bedingungen längst nicht mehr gegeben. Dringend notwendig sei ein subventionierter Industriestrompreis für die energieintensive Industrie, wie er in anderen europäischen Ländern längst üblich sei.

„Es wäre fatal, wenn in einigen Jahren – nach erfolgtem Ausbau der Erneuerbaren und der dafür benötigten Netze – zwar genügend günstiger Strom zur Verfügung steht, wichtige Unternehmen und Arbeitsplätze aber ins Ausland abgewandert oder gar nicht erst hier entstanden sind.“

320°/dpa

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