Konjunktur
Die deutsche Wirtschaft kommt nicht aus der Krise. Einer der Gründe: die schwache Investitionstätigkeit. Hinzu kommt die Kaufzurückhaltung der Verbraucher.
Deutsche Wirtschaft schrumpft leicht – Investitionen sinken
Gesunkene Investitionen, Krise am Bau und sparsame Verbraucher: Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal leicht geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt sank im Vergleich zum Vorquartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Mit dem Minus schnitt Deutschland schlechter ab als viele andere europäische Länder.
„Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die deutsche Wirtschaft auf der Stelle tritt“, kommentierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Zahlen. Das zeige, wie notwendig die Wachstumsinitiative der Bundesregierung sei. Die Ampel-Koalition hat sich 49 Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft vorgenommen – umgesetzt wurde bisher kaum etwas.
Ein Grund für das Schrumpfen der Wirtschaft im zweiten Quartal waren die fehlenden Investitionen in Ausrüstungen – also vor allem in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge. Sie sanken im Vergleich zum Vorquartal um 4,1 Prozent und damit noch stärker als die Bauinvestitionen (minus 2,0 Prozent). Auch vom Außenhandel kamen keine Impulse: Im zweiten Quartal wurden 0,2 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen exportiert als im ersten Quartal. Darunter leidet die deutsche Industrie.
Konsum der Verbraucher springt nicht an
Die staatliche Förderbank KfW rechnet für das dritte Quartal nur mit einem leichten Wirtschaftswachstum. „Die deutsche Wirtschaft wird sich in den kommenden Quartalen nach und nach erholen, doch erst 2025 wird das Jahreswachstum wieder deutlich positiv“, sagte Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Sie verwies unter anderem auf kräftige Reallohnsteigerungen, die die Kaufkraft der Verbraucher erhöhen.
Noch aber springt die Kauflaune der Verbraucher nicht an – viele halten ihr Geld angesichts der Inflation zusammen. Im zweiten Quartal schrumpfte der private Konsum laut Statistischem Bundesamt um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Stimmung der Verbraucher kühlte sich im August weiter ab, wie die neueste Konsumklimastudie der Nürnberger Institute GfK und NIM zeigt.
„Offenbar war die Euphorie, die die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland ausgelöst hat, nur ein kurzes Aufflackern und ist nach Ende des Turniers verflogen“, sagte NIM-Konsumexperte Rolf Bürkl. Die Einkommens- und Konjunkturerwartungen der Verbraucher seien gesunken – die Sparneigung dagegen gestiegen.
Im ersten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt noch um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Mit dem Minus im zweiten Quartal droht Deutschland erneut eine Rezession, wenn sich der Rückgang im dritten Quartal fortsetzt. Schrumpft das Bruttoinlandsprodukt in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen, sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession. Zuletzt hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft weiter verschlechtert: Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im August zum dritten Mal in Folge gesunken.
Die Bundesbank geht davon aus, dass sich die konjunkturelle Erholung verzögert. Sie rechnet mit einer konjunkturellen Abkühlung, aber nicht mit einem breiten und lang anhaltenden Rückgang der Wirtschaft. Im Juni hatte die Bundesbank für dieses Jahr ein Wachstum von 0,3 Prozent prognostiziert.
Gute Nachrichten für die Staatsfinanzen
Besser als bei der Konjunktur sieht es bei den Staatsfinanzen aus. Das deutsche Staatsdefizit ist leicht gesunken. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wurden im ersten Halbjahr 38,1 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen.
Die Ende 2023 auslaufende Energiepreisbremse dämpfte den Anstieg der Staatsausgaben. Gleichzeitig stiegen die Steuereinnahmen des Staates im ersten Halbjahr um 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Mit einer gesamtstaatlichen Defizitquote von 1,8 Prozent erfüllt Deutschland problemlos die EU-Fiskalregeln, wonach das öffentliche Defizit nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen darf.
Allerdings handelt es sich bei den aktuellen Zahlen nur um Halbjahreswerte, die nicht auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden können. Dazu schwanken die Einnahmen und Ausgaben im Jahresverlauf zu stark.