Wenig Vorteile
Schneller und nachhaltiger Transport in überfüllten Städten: Das Versprechen der sogenannten Urban Air Mobility klingt vielversprechend. Doch eine neue Studie zeichnet ein ernüchterndes Bild.
Hohe Kosten, wenig Nutzen: Flugtaxis enttäuschen in neuer Studie
Flugtaxis schneiden in einer neuen Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) schlechter ab als erwartet. Demnach bieten die elektrisch betriebenen Luftfahrzeuge nur in wenigen Anwendungsfällen signifikante Vorteile. Die erhoffte Zeitersparnis bleibt oft aus, die Kosten sind hoch und die Umweltauswirkungen problematisch.
Flugtaxis mit Elektroantrieb verursachen zwar weniger CO2-Emissionen als herkömmliche Verbrenner, schneiden aber im Vergleich zu Elektroautos schlechter ab. „Unsere Studien zeigen, dass die tatsächlichen Vorteile sehr begrenzt sind“, erklärt Anna Straubinger, Wissenschaftlerin am ZEW. Der Energieverbrauch von Flugtaxis, die senkrecht starten und landen, sei deutlich höher als der von Autos oder öffentlichen Verkehrsmitteln.
Vor allem Start und Landung erfordern enorme Energiemengen, was die CO2-Bilanz der Flugtaxis verschlechtert. „Daher leisten sie keinen positiven Beitrag zur Energiewende im Verkehrssektor“, so Straubinger. Auch die notwendige Infrastruktur, wie spezielle Start- und Landeplätze, führe zu weiteren Verzögerungen und Kosten, die den möglichen Zeitvorteil nahezu aufheben.
Flugtaxis im Rettungsdienst
Neben dem hohen Energiebedarf sind die Kosten ein weiteres Problem. Hersteller und mögliche Betreiber kalkulieren für die nächsten Jahre mit einem Preis von rund fünf Euro pro Kilometer. Das entspricht dem 2,5-fachen eines normalen Taxis und ist etwa 15 Mal so teuer wie eine Fahrt mit dem Auto.
Damit bleiben Flugtaxis ein Luxusprodukt, das sich nur eine wohlhabende Minderheit leisten kann. „Die negativen Folgen wie Lärm und visuelle Beeinträchtigungen am Himmel betreffen jedoch alle, auch die vielen Menschen, die UAM nicht nutzen werden“, betont Straubinger.
Dennoch gibt es laut der Studie auch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für Flugtaxis. Insbesondere bei Notfalleinsätzen könnten die elektrisch betriebenen Fluggeräte ihre Stärken ausspielen. Auch in abgelegenen, schwer zugänglichen Regionen könnte UAM zur Verbesserung der Erreichbarkeit beitragen.
„Für diese Einsatzzwecke können wir auch eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung erwarten“, so Straubinger. In Deutschland etwa prüft die ADAC-Luftrettung den Einsatz von Flugtaxis im Rettungsdienst.
Die Hersteller sehen die Kritik an der Technik indes gelassen. Eine Sprecherin des Flugtaxi-Unternehmens Volocopter betonte, man wolle „die lange Reise zur Dekarbonisierung der Luftfahrtindustrie beginnen“ und gleichzeitig den Stadtverkehr entlasten.
Im Fokus des Unternehmens stünden Städte wie Paris und Rom, die mit einem hohen Verkehrsaufkommen zu kämpfen haben. Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeige, dass ein UAM-System in San Francisco durchaus das Potenzial habe, den Verkehr zu entlasten.
Die Sprecherin kritisierte auch den Vergleich mit bodengebundenen Fahrzeugen. „Nach den Gesetzen der Physik wird das Fliegen immer mehr Energie verbrauchen als das Rollen, insbesondere beim Start, beim Schweben und bei der Landung“, erklärte sie. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass Flugtaxis weniger Platz in den Städten beanspruchen würden, da sie den Verkehr am Boden entlasten könnten.
Finanzielle Schwierigkeiten und fehlende Zulassungen
Trotz der Ambitionen der Hersteller stehen die Flugtaxis vor erheblichen Herausforderungen. Eine entscheidende Hürde ist die noch ausstehende Musterzulassung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) für den Passagiertransport. Zudem kämpfen Flugtaxi-Entwickler wie Volocopter und Lilium immer wieder mit Finanzierungsproblemen.
Für Lilium mit Sitz in Oberpfaffenhofen bei München stellte die bayerische Staatsregierung kürzlich eine Bürgschaft in Höhe von 100 Millionen Euro in Aussicht, die gemeinsam mit dem Bund getragen werden soll. Volocopter wiederum sorgte mit der Ankündigung von Flügen zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris für Aufsehen. Doch Anfang September wurde bekannt, dass Geschäftsführer Dirk Hoke das Unternehmen Ende Februar 2024 verlassen wird. Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche soll nun als neuer Beiratsvorsitzender bei der Suche nach einem Nachfolger helfen.