Branchenumfrage
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist schwierig – auch für die Stahlrecycler. Ihre Investitionsbereitschaft ist spürbar gesunken. Sie fordern mehr politische Unterstützung, zum Beispiel in Form einer „Fastlane“.
Nur 2 Prozent der Stahlrecycler erwarten bessere Geschäfte
Die Stahlrecycler in Deutschland blicken mit wachsender Sorge in die Zukunft. So rechnen rund zwei Drittel der befragten Unternehmen mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage im Jahr 2025, wie aus der aktuellen Branchenumfrage des Stahlrecyclingverbandes BDSV hervorgeht. Nur zwei Prozent der Unternehmen erwarten eine Verbesserung.
Die trüben Aussichten spiegeln sich auch in der Investitionsbereitschaft wider. Nur noch rund 15 Prozent der befragten Unternehmen planen mittelfristig höhere Investitionen – im Vergleich zur Vorjahresumfrage ist dieser Wert deutlich um 13 Prozent gesunken. Knapp 33 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen planen geringere Investitionen. Knapp 52 Prozent der Unternehmen planen Investitionen in gleicher Höhe.
Ein zentrales Problem für viele Unternehmen ist nach wie vor die Bürokratie. Etwa 21 Prozent der Befragten geben an, dass behördliche Genehmigungsverfahren zu lange dauern und sie deshalb Investitionsprojekte aufgegeben haben. Darunter fallen geplante Investitionen in Recyclingverfahren, Aufbereitungsanlagen oder in den Bau neuer Hallen. Gleichwohl planen 60 Prozent der befragten BDSV-Mitgliedsunternehmen für die kommenden Jahre eine Qualitätsoptimierung durch eine bessere Aufbereitung.
„Kein gutes Jahr“
„2024 wird kein gutes wirtschaftliches Jahr in der Stahlrecyclingindustrie“, sagte BDSV-Vizepräsident Stephan Karle bei der Jahrestagung des Verbands in München. Die Mengen seien geringer, die Margen kleiner. „Im Moment fehlt das Geld und die Zuversicht für Investitionen“, sagte Karle.
In den ersten acht Monaten dieses Jahres legte die deutsche Rohstahlerzeugung – ausgehend von einem niedrigen Niveau – um 4 Prozent zu. Insgesamt wurden von Januar bis August 25,4 Millionen Tonnen Rohstahl erzeugt. Während die Elektrostahlproduktion in diesem Zeitraum um 8,6 Prozent stieg, erhöhte die Oxygenstahlproduktion ihren Output um knapp 2,2 Prozent. Verantwortlich für das Wachstum waren laut Karle vor allem die Baustahl- und Trägerproduzenten, die ihrerseits zahlreiche Infrastrukturprojekte bedienen.
Durch die verbesserte Rohstahlproduktion, insbesondere in der Elektrostahlerzeugung, sei der Schrottverbrauch im ersten Halbjahr deutlich gestiegen, sagte Karle. Gleichzeitig habe die schwierige Situation in der Bauwirtschaft zu einem Rückgang des Altschrottaufkommens geführt. Zudem hätten Stahlverbraucher die Produktion gedrosselt, da sie keine Abnehmer für ihre Produkte hatten. Dies habe zu einem spürbaren Rückgang des Neuschrottaufkommens geführt. Im Ergebnis hätten sich Schrottangebot und -nachfrage auf niedrigem Niveau die Waage gehalten.
Gestiegenes Brandrisiko
Zu schaffen machen der Branche auch der Mangel an qualifizierten Lkw-Fahrern und steigende Transportkosten. Hinzu kommen steigende Produktionskosten und die Gefahr von Bränden durch falsch entsorgte Lithium-Ionen-Batterien. Bei rund der Hälfte der befragten Unternehmen kam es in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal zu einem Brandereignis durch falsch entsorgte Lithium-Ionen-Batterien.
Die insgesamt schwierige wirtschaftliche Lage spiegelt sich auch in der mittelfristigen Personalplanung wider. Nur noch 17 Prozent der befragten Unternehmen planen Neueinstellungen. Damit ist die Bereitschaft zum Personalaufbau gegenüber der Vorjahresumfrage um rund 20 Prozent gesunken. 73 Prozent der Befragten wollen die Mitarbeiterzahl konstant halten und 10 Prozent der Unternehmen planen einen Personalabbau.
„Fastlane“ für CO2-einsparende Projekte
Viele Stahlrecycler beklagen auch Standortnachteile durch zu hohe Kosten, insbesondere durch steigende Energiekosten. Die BDSV fordert daher einen niedrigen Strompreis, um den Industriestandort Deutschland zu sichern. „Eine langfristige Sicherung wettbewerbsfähiger Strompreise ist notwendig, um die industrielle Produktion und die Stahlrecyclingbranche in Deutschland zu erhalten und den Transformationsprozess hin zu einer CO2-armen Stahlproduktion zu unterstützen“, erklärt der Verband.
Darüber hinaus fordern die Stahlrecycler politische Unterstützung, um ressourcenschonende Produktionskonzepte voranzutreiben. Sie verweisen auf mögliche Anschubförderungen für die Einführung neuer Technologien im Bereich Schrotttransport und -aufbereitung. Zudem sollte der Einzelwagenverkehr gefördert werden, da er in der Logistikkette der Stahlrecyclingbetriebe eine zentrale Rolle spiele und die Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene ermögliche.
Nicht zuletzt sollten klimafreundliche Projekte grundsätzlich gefördert werden. Dazu fordert die BDSV beschleunigte Genehmigungsverfahren („Fastlane“). Ein solches Verfahren sollte für alle Projekte gelten, die CO2 einsparen, so der Verband.