Wirtschaftsförderung

Beim Wirtschaftswachstum ist Deutschland Schlusslicht unter den G7-Industriestaaten. Wirtschaftsminister Habeck will die Wirtschaft nun mit einem Investitionsfonds anschieben. Die Reaktionen sind gemischt.

Habeck bringt wieder Investitionsfonds ins Spiel


Angesichts der Konjunkturflaute in Deutschland bringt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erneut einen Staatsfonds zur Investitionsförderung ins Gespräch. Der Fonds soll Unternehmen etwa bei der Anschaffung neuer Maschinen unterstützen. „Wir sollten Investitionen mit einer unbürokratischen Investitionsprämie von zehn Prozent förder –  und zwar für alle Unternehmen, gerade auch Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Betriebe“, schreibt der Grünen-Politiker in einer jetzt veröffentlichten „Modernisierungsagenda“.

Darin macht Habeck Vorschläge, „wie Deutschlands Wirtschaft wieder einen Schub bekommen kann“. Dabei gehe es ihm um die Wirtschaft in ihrer ganzen Breite: von Handwerksbetrieben, Start-ups und Mittelständlern bis hin zu Konzernen.

„Vor allem bei den digitalen Zukunftstechnologien sind Europa und gerade auch Deutschland im Rückstand“, stellt Habeck fest. Auch deshalb blieben Deutschland und Europa bei der Produktivitätsentwicklung deutlich hinter den USA zurück. „Wir sind zu einseitig abhängig vom Erfolg der traditionellen Industriebranchen.“

Mehrere hundert Milliarden

Habeck hatte bereits im Februar ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung der Unternehmen vorgeschlagen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte den Vorstoß damals abgelehnt. Man könne nicht „Hunderte Milliarden Euro Schulden machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen“, sagte Lindner seinerzeit. Habeck hält dagegen die Förderung von Investitionen für wirksamer als etwa die Senkung von Unternehmenssteuern.

„Das größere Wirtschaftswachstum würde dafür sorgen, dass die Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nur moderat ansteigen würde“, erläuterte Habeck. Er will den Fonds auf fünf Jahre befristen. Er soll auch für Investitionen in die Infrastruktur genutzt werden. Habeck nannte Kommunikationsnetze, Verkehrswege und Bildungseinrichtungen. Außerdem sollen die Stromkosten sinken, etwa durch niedrigere Netzentgelte über den Ausbau der Netzinfrastruktur.

Zum finanziellen Umfang eines solchen Fonds wollte sich Habeck nicht festlegen. Es gebe aber Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die eine „mittlere dreistellige Milliardenzahl“ für die nächsten Jahre vorsähen, sagte er in Berlin.

„Also, wir reden hier schon von einem großen Volumen, das dann allerdings über viele Jahre verausgabt wird“, sagte Habeck. Es gehe um die Erneuerung der Standortbedingungen in Deutschland. „Die erste Frage, finde ich, ist nicht: Sind es jetzt 200, 300 oder 400 Milliarden? Sondern: Wollen wir uns auf den Weg machen?“

Finanzierung durch neue Schulden

Finanziert werden soll der Fonds über Schulden – ein Wort, das Habeck allerdings nicht in den Mund nahm. „Das muss vorfinanziert werden, ich sehe keine andere realpolitische Möglichkeit“, sagte er. „Ich finde, diese Fondsidee ist auch für diejenigen, die auf einer strikten Einhaltung der Schuldenbremse bestehen, hoffe ich jedenfalls, ein gangbarer Weg, weil es eine begrenzte Verabredung ist.“ Es gehe nicht um eine grundsätzliche Öffnung der Schuldenbremse.

Die FDP, die sich als Hüterin der Schuldenbremse versteht, lief prompt Sturm. Als „kurzsichtig und nicht zielführend“, bezeichnete FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Vorschlag. „Wahllos Subventionen auszuzahlen und dafür hunderte Milliarden Euro an neuen Schulden anzuhäufen kann unseren Wirtschaftsstandort nicht nachhaltig stärken.“ Nötig seien umfassende Reformen zur Verbesserung der Standortbedingungen und Entfesselung des privaten Kapitals. 

Die stellvertretende FDP-Vorsitzende und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist kein überzeugendes Konzept, der deutschen Wirtschaft über beispiellos hohe Steuern und Abgaben Geld zu entziehen und es dann über einen Staatsfonds umzuverteilen.“

Überwiegend Zustimmung aus der Wirtschaft

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warf dem Wirtschaftsminister in der «Rheinischen Post» vor, er wolle den Weg in die Staatswirtschaft weitergehen. „Mit einer geradezu unglaublichen Staatsgläubigkeit und der Bereitschaft zum Interventionismus, wird er aber eben gerade nicht wirtschaftliche Erholung und Wachstum erreichen, sondern vor allem mehr Bürokratie“, sagte der CDU-Politiker.

Positive Reaktionen kamen hingegen aus der Wirtschaft. „Robert Habeck zeigt, dass er verstanden hat, wo die Probleme in Deutschland liegen“, erklärte der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Er habe die Themen richtig benannt. Ungeklärt bleibe aber die Finanzierung.

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, bescheinigte Habeck, er bringe dringend benötigten Schwung in die Debatte um notwendige Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft. „Das ambitionierte Papier setzt zu Recht auf eine angebotsseitige Stärkung der deutschen Wirtschaft, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.“ 

Dagegen bezeichnete Marie-Christine Ostermann, die Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer, die Vorschläge als „weitere Nebelkerze“. Um der Wirtschaft zu helfen, sollte Habeck Strukturreformen auf den Weg bringen. „Kurzfristig wäre die Soli-Abschaffung ein Investitionsbooster.“

320°/dpa

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