Roadmap
Bis 2045 will die deutsche Kalkindustrie klimaneutral produzieren. Eine neue Roadmap zeigt, wie die Branche die Wende schaffen will. Drei Maßnahmen stehen dabei im Mittelpunkt.
So will die Kalkindustrie klimaneutral werden
Mit einer Kombination aus neuen Technologien und effizienteren Prozessen will die Kalkindustrie ihre CO2-Emissionen drastisch senken. Spätestens 2045 sollen alle Kalkwerke in Deutschland CO2-frei produzieren können, teilt der Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie (BVK) mit. Das bedeute, die CO2-Emissionen bis 2045 um 133 Prozent gegenüber 2022 zu reduzieren.
Einige Unternehmen der Branche haben bereits erste Schritte in Richtung CO2-Neutralität unternommen. Ein Beispiel ist das sogenannte Everest-Projekt der Firma Lhoist Germany, die eine Anlage zur CO₂-Abscheidung und einen speziellen Kalkbrennofen mit Sauerstoffverbrennung betreibt. Auch erste Testläufe zur Karbonatisierung und zur direkten CO2-Reduktion laufen bereits. Darauf aufbauend setzt die Industrie auf drei Technologiepfade, um die CO2-Emissionen zu reduzieren:
- Direkte CO2-Vermeidung: Durch die Optimierung der Ofentechnik, die Elektrifizierung einzelner, kleinerer Öfen sowie die Brennstoffumstellung kann nach Angaben des BVK bereits heute fast ein Drittel der CO2-Emissionen direkt vermieden werden. Dies betrifft insbesondere die Senkung des Energieverbrauchs und den Einsatz innovativer Produktionsverfahren und biogener Brennstoffe, die den CO2-Ausstoß senken.
- CO2-Abscheidung: Zentrale Bausteine der Roadmap sind auch die Abscheidung von CO2 (Carbon Capture) und dessen anschließende Nutzung (CCU) oder Speicherung (CCS). Ein weiterer Baustein ist das sogenannte BECCS-Verfahren (Bioenergy with Carbon Capture and Storage), das CO2-negative Emissionen erzeugen kann, indem Biomasse verbrannt und das entstehende CO2 gespeichert wird.
- Karbonatisierung: Kalkprodukte können im Laufe ihres Lebenszyklus CO2 wieder aufnehmen – ein natürlicher Prozess, der als Karbonatisierung bezeichnet wird. Durch technologische Verbesserungen und eine verstärkte Nutzung dieses Potenzials hofft die Branche, zusätzliche CO2-Mengen zu binden. Die direkte Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal CDR) mit klimaneutral hergestellten Kalkprodukten biete ein weiteres CO2-Reduktionspotenzial.
Um die Transformation der Kalkindustrie erfolgreich zu gestalten, brauche es zudem klare politische Rahmenbedingungen, mahnt der BVK. Der Verband fordert daher die Politik auf, fünf Voraussetzungen zu schaffen:
- Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom und Wasserstoff: Die Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom und der Ausbau der notwendigen Kapazitäten und Netze seien für die Branche in Deutschland entscheidend, mahnt der Verband. Der Ersatz konventioneller Brennstoffe durch nachhaltige Biomasse, klimaneutralen Wasserstoff oder andere CO2-neutrale Brennstoffe sei für eine klimaneutrale Kalkproduktion unerlässlich.
- CO2-Transport und -Speicherung: Um die CO2-Abscheidung und -Speicherung flächendeckend zu nutzen, sei eine umfassende CO2-Infrastruktur nötig. Der Verband fordert daher eine CO2-Transport- und Speicherlösung, die für alle Unternehmen zugänglich ist. Hier sieht die Branche auch die Politik in der Pflicht, zügig geeignete Speicherstätten zu schaffen.
- Rechtliche Rahmenbedingungen: Für den Einsatz von CCS und CCU-Technologien brauche es klare gesetzliche Grundlagen, sowohl national als auch international. Die rechtlichen Voraussetzungen müssten zügig geschaffen werden.
- Wettbewerbsfähige Energiekosten und Investitionssicherheit: Der Verband fordert außerdem eine planungs- und genehmigungsrechtliche Absicherung für den Kalksteinabbau und langfristig günstige Energiekosten. Die wirtschaftliche Unterstützung und Förderung – etwa durch Subventionen für CO2-neutrale Kalkproduktion – sei eine wesentliche Voraussetzung für die Transformation der Kalkindustrie.
- Anerkennung der Karbonatisierung: Die Kalkindustrie fordert darüber hinaus die Anerkennung der Karbonatisierung als offizielle CO2-Speichermethode. Dieser Prozess sollte in die bestehenden Klimaschutzinstrumente integriert und im Emissionshandelssystem monetär honoriert werden.
„Über 1.200 Anwendungen machen Kalk zu einem unverzichtbaren Rohstoff für viele industrielle Anwendungsprozesse, Baustoffe, im Umweltschutz oder der Land- und Forstwirtschaft“, erklärt BKV-Vorsitzende Alexia Spieler. Die Kalkindustrie wolle ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland leisten. Die Transformation könne aber nur mit Unterstützung der Politik und im Konsens mit der Zivilgesellschaft gelingen.