Widerstand vor Ort

Ein südkoreanisches Joint Venture will in Gera eine Anlage für Batterierecycling bauen. Das ist umstritten – nicht nur bei den Bürgern vor Ort, sondern auch bei ansässigen Unternehmen.

Geras OB: Batterierecycling schlecht für andere Ansiedlungen


Die geplante Batterierecyclinganlage in Gera stößt nicht nur bei Bürgern auf Kritik. Es gebe auch Bedenken von Firmen wie Electronicon, die in Gera Kondensatoren herstellen und um ihren Produktionsstandort fürchten, sagte Geras Bürgermeister Kurt Dannenberg (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist bedenklich für die Stadt, wenn durch die eine Ansiedlung möglicherweise eine andere gefährdet wird.“ Einwände habe es auch vom Kreisbauernverband gegeben.

Es gebe einen Grundsatzbeschluss des Stadtrats vom September 2023, der politische Wille sei im Prinzip erklärt, sagte Dannenberg weiter. Er habe aber zugesagt, gemeinsam mit den Ortsteilbürgermeistern auf die Fraktionsvorsitzenden im neu gewählten Stadtrat zuzugehen, „um zu klären, ob sie noch mal eine politische Bewertung vornehmen wollen“.

„Kommunikatives Desaster“

Er selbst habe die Kurzfristigkeit der Entscheidung im vergangenen Jahr kritisch gesehen. „Das Projekt wurde letztes Jahr am 31. August öffentlich gemacht, sieben Tage später hat dann darüber der Stadtrat abgestimmt. Das war ein kommunikatives Desaster“, sagte Dannenberg, der damals noch Bürgermeister und Beigeordneter der Stadt war. Die Bedenken von Electronicon oder der Bauernverbände hätten gehört werden müssen. Electronicon beschäftigt in seinem Geraer Stammwerk nach eigenen Angaben rund 360 Mitarbeiter.

In dem geplanten Recyclingpark sollen alte Batterien zerlegt, zerkleinert und getrocknet werden. In einem mechanischen Verfahren werden anschließend die Stoffe getrennt, die dann für die Weiterverarbeitung zu neuen Batterien verwendet werden sollen. Die erste Produktionslinie soll 2025 in Betrieb gehen, die zweite ein Jahr später.

Insgesamt sollen dann 22.000 Tonnen Lithium-Ionen-Batterien pro Jahr in der Anlage verarbeitet werden. Das entspricht nach Angaben der Betreibergesellschaft SungEel Recycling Park Thüringen GmbH der Produktion von Batterien für rund 60.000 Elektroautos pro Jahr. Die Betreibergesellschaft, ein Joint Venture der koreanischen Unternehmen Sungeel und Samsung C&T, will nach früheren Angaben 45 Millionen Euro investieren und rund 100 Arbeitsplätze schaffen.

7.800 Einwendungen gegen Recyclinganlage

Am gestrigen Mittwoch hat in Gera der Erörterungstermin des für das Genehmigungsverfahren zuständigen Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) begonnen. Nach Angaben des Landesamtes waren bis zum Fristablauf Anfang April knapp 7.800 Einwendungen gegen das Vorhaben im Industriegebiet Gera-Cretzschwitz eingegangen, darunter fast 6.200 Unterschriften. Eine Bürgerinitiative sieht unter anderem Umweltbelange im Genehmigungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt und ein unkalkulierbares Risiko bei einem Batteriebrand.

Die SungEel Recycling Park Thüringen GmbH erklärte, die Bedenken der Bevölkerung ernst zu nehmen. Man vertraue auf ein rechtskonformes Verfahren und die Kompetenz der Genehmigungsbehörde. Die Investition stärke den Investitions- und Wirtschaftsstandort Thüringen.

Auch andernorts stoßen geplante Batterierecyclinganlagen auf Widerstand. In Artern (Kyffhäuserkreis) gingen rund 1.472 Einwendungen ein, darunter 49 Einzeleinwendungen und 1.423 Unterschriften. Ein für September geplanter Erörterungstermin wurde aufgrund der Vielzahl der Einwendungen verschoben, ein neuer Termin steht noch nicht fest.

320°/dpa/re

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