Einwegverpackungen

Als erste Millionenstadt plant Köln eine kommunale Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen. Branchenverbände warnen vor negativen Folgen für Unternehmen und Bürger. Zusätzliche Steuern seien der falsche Weg.

Köln plant kommunale Verpackungssteuer


Nach Tübingen plant Köln als erste Millionenmetropole die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Mitnehmen. Die Stadt rechnet mit Einnahmen von jährlich rund zehn Millionen Euro, doch betroffene Branchenverbände warnen eindringlich vor den Folgen.

Die geplante Steuer betrifft alle Verkaufsstellen von Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck, in denen Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen ausgegeben werden. Dies sind vor allem Restaurants, Cafés, Imbisse, Dönerläden, Einzelhandelsgeschäfte und Handwerksbetriebe wie Bäckereien oder Metzgereien. Das Ziel der Stadt Köln ist es, die Innenstadt sauberer zu machen und den Verpackungsmüll zu reduzieren.

Die betroffenen Betriebe befürchten jedoch einen hohen finanziellen und bürokratischen Aufwand. Viele Unternehmen seien bereits durch verschiedene europäische und nationale Regelungen wie das Einwegkunststofffondsgesetz oder die EU-Verpackungsverordnung belastet, sagt Markus Suchert, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Systemgastronomie. Weitere Belastungen seien für die kleinen und mittelständisch geprägten Betriebe vor Ort nicht stemmbar.

„Belastungsgrenze längst erreicht“

Die Branchenverbände rechnen zudem mit einer Weitergabe der Kosten an die Gäste und damit mit einem „weiteren dramatischer und für die Unternehmen existenzbedrohenden Rückgang der Besucherzahlen“, da sich viele Menschen schon jetzt einen Restaurantbesuch nicht mehr leisten könnten.

„Das Ziel von Verpackungssteuern, das Müllaufkommen zu reduzieren, steht in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen finanziellen Belastungen und dem massiven bürokratischen Aufwand“, kritisiert auch Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA). Für Gastronomen und Cafés käme die Einführung einer Verpackungssteuer zur Unzeit, da die Belastungsgrenze der Branche längst erreicht sei.

Die Lenkungswirkung einer solchen Steuer ist durchaus umstritten. Der HDE verweist auf eine Studie der Universität Tübingen aus dem Jahr 2023, die keine messbare Reduzierung der Müllmenge in Tübingen nach Einführung der dortigen Verpackungssteuer im Jahr 2022 nachweisen konnte. Die Stadt erhebt seit Anfang 2022 zwischen 20 und 50 Cent pro Verpackungseinheit. Im ersten Monat nach Einführung der Verpackungssteuer verzeichnete die Stadt einen Rückgang des Abfallaufkommens um fünf bis 15 Prozent.

Die betroffenen Unternehmen betonen, dass sie schon lange daran arbeiten, unnötige Verpackungen zu reduzieren, durch nachhaltige Lösungen zu ersetzen und Abfälle zu sammeln. Zusätzliche Steuern böten dafür keinen Anreiz. Zudem führten Insellösungen in einzelnen Kommunen zu einem schwer umsetzbaren Flickenteppich und möglichen Wettbewerbsverzerrungen, warnt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE).

Die Branchenverbände plädieren stattdessen für einen Austausch und die gemeinsame Suche nach praktikablen Lösungen aus, die sowohl die kommunalen Ziele und Bürgerinteressen als auch die Argumente der Unternehmen berücksichtigen. Neben Köln planen derzeit weitere Kommunen und Städte in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer.

320°/sr

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