Einigung in Brüssel

Weniger Lebensmittelverschwendung und mehr Verantwortung für Modehersteller: Für Lebensmittel- und Textilabfälle soll es EU-weit verbindliche Vorgaben geben. Darauf haben sich Rat und Parlament geeinigt.

EU einigt sich auf neue Abfallrahmenrichtlinie


Die Europäische Union hat sich auf neue Regeln geeinigt, um die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren und den Textilsektor nachhaltiger zu gestalten. Der Ratsvorsitz und Vertreter des Europäischen Parlaments erzielten eine Vereinbarung zur Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie. Die vorläufige Einigung muss vom Rat und vom Parlament noch formell bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten kann.

Bis 2030 sollen die Lebensmittelabfälle aus der Verarbeitung und Herstellung um 10 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2021 bis 2023 reduziert werden. Im Einzelhandel, in Restaurants, bei Lebensmitteldienstleistern und in Privathaushalten wird eine Reduzierung um 30 Prozent pro Kopf angestrebt. Damit wurden erstmals verbindliche Ziele auf EU-Ebene festgelegt. Die freiwillige Spende von nicht verkauften, aber noch genießbaren Lebensmitteln soll gefördert werden, um die Verschwendung weiter einzudämmen.

Erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien

Auch die Modebranche steht vor einem Umbruch: Hersteller und Marken werden künftig für ihre Textilabfälle verantwortlich gemacht. Im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung müssen sie eine Gebühr zahlen, um die Entsorgung mitzufinanzieren. Die Höhe richtet sich danach, wie kreislauffähig und nachhaltig ihre Produkte gestaltet sind. Schnelllebige Modetrends und kurzlebige Kleidung („Fast Fashion“) sollen damit der Vergangenheit angehören. Die Mitgliedstaaten können die Gebühren an die Lebensdauer und Haltbarkeit der Textilien anpassen.

Gleiche Wettbewerbsbedingungen sollen sicherstellen, dass alle Unternehmen in den Anwendungsbereich der erweiterten Herstellerverantwortung einbezogen werden. Damit sollen alle Unternehmen einen Zugang zu Ressourcen und Infrastruktur für eine ordnungsgemäße Abfallbewirtschaftung haben. Kleinstunternehmen erhalten nach Einführung der erweiterten Herstellerverantwortung eine zusätzliche Übergangsfrist von einem Jahr, um die neuen Pflichten zu erfüllen.

„Die heutige Einigung über Textilabfälle ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer robusten, kreislauforientierten und wettbewerbsfähigen EU-Wirtschaft, wobei das Verursacherprinzip gewahrt bleibt“, erklärte die polnische Umweltministerin Paulina Hennig-Kloska. Nach der erwarteten Zustimmung von Rat und Parlament haben die Mitgliedsstaaten 20 Monate Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

Keine Regelung für Matratzen

In der EU fallen jährlich fast 60 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle (132 Kilogramm pro Person) und 12,6 Millionen Tonnen Textilabfälle an. Kleidung und Schuhe allein machen 5,2 Millionen Tonnen aus, was 12 Kilogramm Abfall pro Person und Jahr entspricht. Schätzungen zufolge werden weltweit weniger als 1 Prozent aller Textilien zu neuen Produkten recycelt.

Aus Sicht des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) ist es jedoch enttäuschend, dass für Matratzen nach wie vor keine Herstellerverantwortung gilt. „Über 95 Prozent der entsorgten Matratzen werden einfach verbrannt“, betont Nabu-Textilexpertin Anna Hanisch. „Wir fordern daher gemeinsam mit der Matratzenindustrie schon seit langer Zeit eine Regulierung, um die Wiederaufbereitung und das Recycling von Matratzen voranzubringen.“

Von einem gesetzlichen Rahmen, der Investitionssicherheit schafft, würde die Branche stark profitieren, so Hanisch. Die neue Bundesregierung sollte eine solche Regelung gesetzlich verankern.

320°/re

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