Bundestagswahl 2025
Die Bundestagswahl ist vorbei. Aller Voraussicht nach wird es eine unionsgeführte Koalition mit der SPD geben. Was sagen Branchenverbände dazu?
Stimmen zur Wahl
- Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse):
Der Entsorgerverband bvse fordert die neue Bundesregierung auf, sich stärker für den Mittelstand einzusetzen. „Die Bundesregierung muss das Potenzial der Recyclingwirtschaft stärker für den Klimaschutz nutzen. Wir brauchen eine Zukunftsoffensive mit einer gezielten Förderung des Mittelstands, um Recyclingkapazitäten auszubauen“, sagt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Zugleich müssten bürokratische Hürden in Genehmigungsverfahren abgebaut werden.
Unter der Federführung des bvse hat die Mittelstandsallianz ein 12-Punkte-Papier erarbeitet, das unter anderem eine „Rohstoffwende“ fordert und die Vorteile der Kreislaufwirtschaft hervorhebt. Besonders der Mittelstand könne mit seinem Know-how eine Schlüsselrolle in der Kreislaufwirtschaft spielen. „Anders als große Konzerne sind mittelständische Unternehmen traditionell eng mit ihrer Umwelt verbunden und setzen bereits seit Jahrzehnten auf Nachhaltigkeit“, so der bvse.
Aus Sicht der Mittelstandsallianz ist eine nationale Regelung zur Einstufung von Sekundärrohstoffen wie Altpapier, Ersatzbaustoffen oder Altkunststoffen notwendig, um Rechtssicherheit für die Marktteilnehmer zu schaffen und die Kreislaufwirtschaft voranzubringen. Dies hätte nicht nur positive Umwelt- und Klimaschutzeffekte, sondern würde auch zur Erfüllung der deutschen Klimaschutzverpflichtungen beitragen.
Gleichzeitig müssten Recyclingprodukte bei der öffentlichen und privaten Beschaffung stärker berücksichtigt werden. Öffentliche Auftraggeber sollten eine Vorbildfunktion einnehmen und Recyclingprodukte bevorzugt in Ausschreibungen aufnehmen, anstatt deren Einsatz indirekt zu benachteiligen.
Auch die internationalen Rohstoffpartnerschaften müssten weiterentwickelt werden, insbesondere mit Blick auf die Metallrecyclingwirtschaft. „Damit Recyclingmaterialien als ‚Green Commodity‘ einen festen Platz in internationalen Märkten finden, müssen Handelsabkommen den grenzüberschreitenden Handel mit recycelten Metallen erleichtern und klare Rahmenbedingungen schaffen“, so der bvse.
Bundesverband der Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE):
Der Entsorgerverband BDE dringt darauf, in den ersten 100 Tagen nach der Wahl „mutig Weichen zu stellen“, um den Hochlauf der Kreislaufwirtschaft für mehr Resilienz, Rohstoffsicherheit und den Einsatz moderner Recyclingtechnologien anzupacken.
„Unsere Wirtschaft steht vor riesigen Herausforderungen – aber auch vor enormen Chancen“, erklärt Anja Siegesmund, geschäftsführende Präsidentin des BDE. „Die neue Bundesregierung muss in den ersten 100 Tagen entschlossene Maßnahmen ergreifen, um Investitions- und Planungssicherheit, Digitalisierung und Bürokratieabbau in den Mittelpunkt zu stellen. Nur so kann unsere Branche den dringend benötigten Schub erhalten, um modernste Recyclingtechnologien und eine innovative Kreislaufwirtschaft flächendeckend zu etablieren. Für die drei R: Resilienz, Rohstoffsicherheit und modernste Recyclingtechnologien braucht es jetzt mutige Schritte.“
Bereits in den ersten 100 Tagen nach der Wahl sollten klare, verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu gehöre auch, dass weiter Teile der Kreislaufwirtschaft als Rohstoffsicherung begriffen werden und damit im Wirtschaftsressort angesiedelt sein sollen.“
„Unsere Forderungen für die ersten 100 Tage ergänzen wir aber auch um grundlegende Erwartungen, was bis zum Ende des Jahres 2025 und in der ganzen Legislatur passieren muss: Wir fordern ein umfassendes Maßnahmenpaket, das nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit unserer Branche sichert, sondern auch maßgeblich zur Rohstoffsouveränität und zum Klimaschutz beiträgt. Dazu gehört, dass der Rohstofffonds im Bundeshaushalt untersetzt, die Neuordnung der Ressortzuschnitte bis Ende 2025 umgesetzt und die Plattform, auf der Maßnahmen der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie unter Beteiligung der Wirtschaft priorisiert werden sollen, gegründet wird und tagt. Alles ist mach- und schaffbar“, führt Siegesmund aus.
Aber auch für die Legislatur selbst hat der BDE Zielforderungen: „In den kommenden vier Jahren kann mit dem Hochlauf der Kreislaufwirtschaft eine stärkende Säule für die deutsche Wirtschaft entstehen. Das betrifft alle Stoffströme (Metalle ebenso wie Mineralik). Dafür braucht es aber klare Regeln schon am Anfang der Wertschöpfungskette beim Design eines Produkts mit Design for Recycling, klare Vorgaben an die öffentliche Hand beim Thema Vergabe und dem Einsatz von Recyclingrohstoffen sowie Mindestrezyklateinsatzquoten.“
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Friedrich Merz wird sich nun mit den wirklich wichtigen Dingen befassen müssen. Es liegt jetzt an der von ihm geführten Regierung, ob unser Land den Klima- und Naturschutz konsequent vorantreibt“, erklärt Verena Graichen, Bundesgeschäftsführerin Politik des BUND. „Wichtige Schritte zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen sind klar: Der konsequente und naturverträgliche Ausbau erneuerbarer Energien, die Wiederherstellung von natürlichen Lebensräumen und das entschiedene Angehen einer sozial gerechten Wärmewende.“
Damit Investitionen in die Zukunft möglich sind, müsse die Schuldenbremse reformiert werden, so Graichen. Der BUND werde die neue Regierung vor allem an seinen Bemühungen für einen sozial gerechten Umwelt-, Klima- und Naturschutz messen und die Arbeit der neuen Regierung kritisch-konstruktiv begleiten.
- Greenpeace:
Die Umweltorganisation Greenpeace fordert Wahlsieger Friedrich Merz (CDU) auf, als wahrscheinlich nächster Bundeskanzler am Heizungsgesetz und einem günstigen Deutschlandticket festzuhalten. „Elementar wird es für Sie sein, sich für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen – auch und gerade für zukünftige Generationen – einzusetzen“, schreibt Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser in einem Brief an den CDU-Chef, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Organisation sendete ihn noch am Wahlabend ab.
Das Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz“) sowie der Kompromiss, ab 2035 keine neuen Verbrenner in der EU zuzulassen, „geben der Wirtschaft langfristige Planungssicherheit, sind erreichbar und dürfen nicht gekippt oder aufgeweicht werden“, schreibt Kaiser. Auch am Ziel Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden, müsse Merz festhalten.
Die Union hatte im Wahlkampf das Heizungsgesetz infrage gestellt. Das Gesetz beruht auf europäischen Vorgaben, die die EU-Mitgliedsstaaten umsetzen müssen. Eine vollständige Abschaffung wäre daher nicht ohne Hürden. Zudem ist es ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg Deutschlands, bis 2045 klimaneutral werden zu wollen.
Greenpeace fordert Merz außerdem auf, „ein dauerhaft günstiges Deutschlandticket und ein verlässliches Mindestangebot an Bus und Bahn, damit auch abgelegene Regionen wieder Anschluss finden“, sicherzustellen. Auch den langfristigen Fortbestand des Deutschlandtickets hatte die Union im Wahlkampf zeitweise infrage gestellt.
Zur Finanzierung der Transformation sei es notwendig, die Schuldenbremse zu reformieren und sehr hohe Vermögen sozial gerechter zu besteuern.
- Naturschutzbund NABU:
„Ich freue mich über die hohe Wahlbeteiligung. Die Regierungsbildung wird angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse jedoch kein Selbstläufer“, erklärt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Die künftigen Partner werden gemeinsame Antworten auf die drängenden Krisen finden müssen, die sie dann auch umsetzen. Vor allem die viel zitierte Wirtschaftskompetenz zeigt sich heute daran, ob auch die Natur als Standortfaktor ernst genommen wird.
„Unser Land kann auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gehen, das gilt auch für Europa und den Green Deal“, so Krüger. „Die Natur verhandelt nicht – und Klimaschutz ist die Grundlage für nachhaltiges Wachstum.”
- Wirtschaftsverbände DIHK, BDI, ZDH, VDA:
Die deutsche Wirtschaft setzt mit Blick auf die Wirtschaftsflaute auf eine rasche Regierungsbildung. „Angesichts der fortdauernden Rezession drängt die Zeit“, sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian. Die Betriebe hofften auf „schnelle Klarheit“.
Ähnlich äußerte sich Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): „Es ist keine Zeit zum Taktieren“, sagte er. „Es gilt, schnellstmöglich eine stabile und tragfähige Regierung auf den Weg zu bringen, die unserem Land wirtschaftliche Stärke und Selbstbewusstsein zurückgibt.“
Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, betonte, Deutschland brauche „schnellstmöglich eine stabile Regierung, die die Herausforderungen entschieden, geschlossen und strategisch angeht“. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie mahnte Tempo bei der Bildung einer neuen Regierung. „Die Parteien müssen jetzt beweisen, dass sie den Ernst der Lage verstanden haben und bereit sind, mutig, schnell und gemeinsam zu handeln: Die gefährliche Abwärtsspirale aus ausbleibenden Investitionen und Wachstumsschwäche muss gestoppt werden“, so BDi-Präsident Peter Leibinger.
„Die Unternehmen erwarten von der künftigen Bundesregierung schnelle Entlastungen von Bürokratie und einen mutigen strategischen Plan für mehr Investitionen und die Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland statt kleinteiliger Rezepte zur Linderung von Symptomen“, so Leibinger. Alles, was Wachstum schafft, müsse jetzt im Mittelpunkt stehen.
ZDH-Präsident Dittrich nannte zudem „bezahlbare Energie, eine gezielte Fachkräftesicherung und ein wirtschaftsfreundliches Steuer- und Abgabensystem“. VDA-Chefin Müller sagte, die Unternehmen könnten „die hohen Energiepreise, die überbordende Bürokratie sowie die Steuern und Abgaben in aktueller Form nicht mehr tragen“. Es brauche Maßnahmen, „die kurz-, mittel- und langfristig Entlastung versprechen“.
- Hauptstadtbüro Bioenergie
Das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB), getragen vom Bundesverband Bioenergie (BBE), dem Deutschen Bauernverband (DBV), dem Fachverband Biogas (FvB) und dem Fachverband Holzenergie (FVH), appelliert an die künftigen Regierungsparteien, die Koalitionsverhandlungen zügig abzuschließen und konkrete, kurzfristig wirksame Maßnahmen zur Stärkung der Bioenergie zu ergreifen.
„Biogas, Holzenergie und Biokraftstoffe sind ein zentrales Element für eine sichere und klimaneutrale Energieversorgung Deutschlands und unverzichtbar für kosteneffizienten Klimaschutz und soziale Akzeptanz“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des HBB. „Der politische Handlungsbedarf bei der Bioenergie ist enorm. Es braucht von der nächsten Bundesregierung deshalb nicht nur ein klares politisches Bekenntnis zur Holzenergie, zu Biogas und Biokraftstoffen als essenzielle erneuerbare Energien, sondern ein sofortiges Maßnamenpaket für die Bioenergie.“
Dringend notwendig seien kurzfristige Nachbesserungen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). „Mit dem im Januar vom Bundestag verabschiedeten „Biomassepaket“ wurden im EEG zwar wichtige Verbesserungen für die Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas und Holzenergie vorgenommen, doch wurden gleichzeitig ambitionierte Anforderungen an den Anlagenbetrieb eingeführt, die für manche Anlagen ohne einen Übergangszeitraum nicht umsetzbar sind oder zum Teil auch über das Ziel hinausschießen“, so das HBB.
„Unverzichtbar ist auch der Grundsatz, dass bei allen Regelwerken zukünftig ein fairer Wettbewerb zwischen den erneuerbaren Energieträgern hergestellt wird. Eine Diskriminierung von Holzenergie und Biogas oder eine einseitige Priorisierung anderer Energieträger bei regulatorischen Anforderungen, Anreizsystemen, der kommunalen Wärmeplanung oder in den Förderprogrammen für Wärmenetze und industrielle Prozesswärme darf es nicht geben,“ fordert Rostek.