Einwegverpackungen

Die Deutsche Umwelthilfe hat 402 Städte aufgefordert, schnellstmöglich kommunale Verpackungssteuern einzuführen. Freiburg jedoch geht einen anderen Weg und plant eine Mehrwegoffensive. Auch Rostock will keine Verpackungssteuer einführen.

Rostock und Freiburg lehnen Verpackungssteuer ab


Die Freiburger Stadtverwaltung will auf die Einführung einer Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild verzichten. „In Zeiten von deutlich höheren Lebensmittelpreisen, Politik- und Bürokratieverdruss und knappen Personalressourcen wollen wir in der Gesamtabwägung keine neue Steuer einführen“, erklärte Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos). Stattdessen schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat eine Mehrwegoffensive vor.

Tübingen erhebt seit Anfang 2022 eine Steuer von 50 Cent auf Einwegverpackungen wie Kaffeebecher, 50 Cent auf Einweggeschirr wie Pommesschalen und 20 Cent auf Einwegbesteck. Das Bundesverfassungsgericht hatte dafür kürzlich grünes Licht gegeben. Andere Städte wollten daraufhin prüfen, ob sie Ähnliches umsetzen.

In Freiburg hatte der Gemeinderat im vergangenen April beschlossen, vorbereitende Maßnahmen zur Einführung der Steuer zum 1. Juli 2025 zu treffen. Entgegen der ursprünglichen Planung wurde das Thema jedoch nicht wieder in den Gemeinderat eingebracht. Man warte auf das Urteil aus Karlsruhe, teilte die Stadt seinerzeit mit.

„Aufwand und Ertrag stehen nicht im Verhältnis“

„Wir wollen nicht, dass Döner oder Pizza pauschal teurer werden und der bürokratische Aufwand für Betriebe und Verwaltung zu groß wird“, sagte Horn nun. „Wie viel Müll weniger am Ende auf Freiburgs Straßen landet, ist schwer vorauszusagen. Aufwand und Ertrag stehen für uns nicht im Verhältnis.“

Stattdessen soll zwei Jahre lang bei eigenen Veranstaltungen, der Frühjahrs-/Herbstmesse und Märkten wie dem Weihnachts- und Münstermarkt auf Mehrweg gesetzt werden. So könnten sich Anbieter und Verbraucher an das neue Angebot gewöhnen. „Das schafft Akzeptanz, und Mehrwegsysteme können sich etablieren und neue Geschäftsfelder können sich entwickeln“, so die Stadtverwaltung. Der Stadtrat soll im April und Mai über das weitere Vorgehen beraten und entscheiden.

Absage auch von Rostock

Auch die Rostocker Bürgerschaft hat einer kommunalen Verpackungssteuer nach dem Modell der Stadt Tübingen eine Absage erteilt. Das Stadtparlament stimmte mehrheitlich gegen einen entsprechenden Antrag der Linken. Selbst ein Prüfauftrag sei ein falsches Signal an die Wirtschaft, argumentierte Andreas Szabó (FDP) von der Fraktion FDP/Unabhängige.

Die CDU lehnte den Antrag ebenfalls ab. Eine Verpackungssteuer sei ein bürokratischer Albtraum für die Gewerbetreibenden, warnte der Fraktionsvorsitzende Chris Günther. Durch die Steuer werde „kein Pizza-Karton eingespart“. Auch die SPD betonte, dass durch die Verpackungssteuer kein Müll eingespart wird. Die Grünen hingegen unterstützen den Antrag.

Die Deutsche Umwelthilfe teilte unterdessen mit, sie habe 402 Städte mit Anträgen aufgefordert, schnellstmöglich kommunale Verpackungssteuern einzuführen. Damit unterstützt die Umweltorganisation nach eigenen Angaben mehr als 9.000 Menschen, die sich über ein Online-Tool für eine Verpackungssteuer in ihrer Stadt ausgesprochen haben.

„Mehr als 9.000 Menschen haben bei unserer Aktion mitgemacht und damit ein Ende der Müllflut in ihren Städten durch eine Einweg-Verpackungssteuer gefordert“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. „Alle Fakten sprechen dafür, solange bundespolitisch keine Einweg-Abgabe absehbar ist.“

So habe die Vorreiterstadt Tübingen inzwischen das größte Mehrwegangebot in Deutschland, bezogen auf die Einwohnerzahl. Die Vermüllung des öffentlichen Raums sei sichtbar zurückgegangen. „Auch wirtschaftlich ist die Steuer ein voller Erfolg: Im Jahr der Einführung hat Tübingen eine Million Euro eingenommen, was die Verwaltungskosten um das Neunfache übersteigt“, so Metz. Die von Gegnern der Steuer befürchtete Pleitewelle der Tübinger Gastronomie sei ausgeblieben.

320°/dpa/re

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