Koalitionsverhandlungen
Teile der Wirtschaft sind alarmiert: Union und SPD liebäugeln angeblich mit der Einführung einer Wertstofftonne in rein kommunaler Verantwortung. Wird damit die Diskussion um eine Wertstofftonne neu entfacht?
Verbände warnen vor kommunaler Wertstofftonne
Mit dem einst geplanten Wertstoffgesetz wollte das Bundesumweltministerium 2015 die Erfassung von Wertstoffen verbessern. Über die Wertstofftonne sollten nicht nur Verpackungen erfasst werden, die in der Gelben Tonne oder im Gelben Sack landen, sondern auch sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen. Am Ende blieb von dem Vorhaben nicht viel übrig. Denn vorgesehen war eine private Sammelverantwortung und die scheiterte am Widerstand der kommunalen Seite. Statt des Wertstoffgesetzes entwickelte das BMU das Verpackungsgesetz.
Nun könnte die Diskussion um eine Wertstofftonne wieder Fahrt aufnehmen – allerdings in die andere Richtung. Die Branchenverbände BDE, bvse, AGVU sowie der Markenverband und der Einzelhandelsverband HDE befürchten, dass Union und SPD eine Wertstofftonne in rein kommunaler Verantwortung planen könnten. Das Thema kommunale Wertstofftonne habe sich in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD zu einer „ernsthaften Option“ aufgebaut, sagt BDE-Sprecher BDE-Sprecher Dirk Böttner-Langolf gegenüber 320°
Nach dem geltenden Verpackungsgesetz können Kommunen zwar schon heute eine Wertstofftonne einführen, doch dafür brauchen sie die Zustimmung des zuständigen Dualen Systems. Mit der Einführung einer kommunalen Wertstofftonne könnte diese Zustimmung entfallen.
Der BDE warnt daher vor einem solchen Schritt. „Die Einführung einer kommunalen Wertstofftonne würde nicht nur zu erheblichen Mehrkosten führen, sondern auch den Innovationswettbewerb zerstören und das Prinzip der Produktverantwortung untergraben“, sagt BDE-Präsidentin Anja Siegesmund. „Unsere Überzeugung ist, dass der Erhalt des bestehenden, wettbewerbsorientierten Systems der Schlüssel zu einer leistungsfähigen, zukunftsweisenden Kreislaufwirtschaft in Deutschland ist.“
Wie der BDE betont, basiert das bestehende System der haushaltsnahen Erfassung gebrauchter Verkaufsverpackungen über die Gelbe Tonne und den Gelben Sack auf dem Prinzip der Produktverantwortung der Hersteller. Dieses Prinzip ermögliche es, individuelle Lösungen vor Ort zu schaffen und gleichzeitig die Effizienz des Wettbewerbs zu nutzen. Eine Neuausrichtung hin zu einer rein kommunalen Organisation würde den „etablierten und international erfolgreichen Rahmenbedingungen der deutschen Recyclingwirtschaft zuwiderlaufen“.
Verschlechterung der Wertstoffqualität?
Aus Sicht des BDE und der anderen Verbände ist das derzeitige System wirtschaftlich „äußerst effizient“. Eine Rekommunalisierung würde zu erheblich höheren Kosten für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger führen. Ein rein kommunaler Ansatz würde zudem den Wettbewerb zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Unternehmen untergraben. Dadurch ginge eine wichtige Triebkraft für innovative Recyclinglösungen verloren.
Darüber hinaus warnen die Verbände vor einer Abkehr vom Prinzip der Produktverantwortung. Eine kommunale Lösung würde das international bewährte Modell unterminieren. Und schließlich befürchten die Verbände auch eine Verschlechterung der Wertstoffqualität, wenn unterschiedliche Materialien in einer Tonne gesammelt werden. Union und SPD sollten daher am bisherigen Konzept festhalten.