Massenbilanzierung
Künstlich erhöhte Rezyklatanteile durch eine neue EU-Methode? Die Verbände BDE, bvse und VOEB warnen vor einem neuen Vorschlag der EU-Kommission zur Berechnung des Rezyklatanteils in chemisch recycelten Kunststoffen.
Chemisches Recycling: Verbände warnen vor neuer EU-Regelung
Die Entsorgungswirtschaft in Deutschland und Österreich sieht sich mit einer neuen Herausforderung konfrontiert, die aus einem neuen Kommissionsvorschlag für die Fuel-Use-Exempt-Methode mit sogenannten „Dual-Use“-Stoffen resultiert. Dieser Vorschlag wurde im Februar 2025 vorgelegt und ist Teil des Durchführungsrechtsaktes zur EU-Richtlinie über Einwegkunststoffe.
Der Vorschlag soll die Methode zur Massenbilanzierung im chemischen Recycling festlegen und damit die Berechnung des Rezyklatanteils in chemisch recycelten Kunststoffen definieren. Die beiden deutschen Entsorgerverbände BDE und bvse sowie der österreichische Verband VOEB lehnen den Vorschlag jedoch ab, da er „erhebliche Risiken für eine korrekte Massenbilanzierung im chemischen Recycling und das Level-Playing-Field des Rezyklatmarkts“ berge.
Verbände befürchte irreführende Angaben
Ursprünglich war nach Angaben der Verbände die Einführung der strengen „Polymers-only“-Methode geplant, um ein faires Level-Playing-Field auf dem Rezyklatmarkt zu garantieren. Doch stattdessen einigte man sich auf die „Fuel-Use-Exempt“-Methode, die es ermöglicht, den Rezyklatanteil von Nebenprodukten, die nicht als Brennstoff verwendet werden, dem Kunststoff zuzurechnen. Dies führt nach Ansicht der Verbände zu einer künstlichen Erhöhung des ausgewiesenen Rezyklatanteils.
Unter die Fuel-Use-Exempt Methode fallen Dual-Use-Stoffe, die im weiteren Prozess sowohl zu Kunststoffpolymeren und Basischemikalien als auch zu Brennstoffen verarbeitet werden können, erklären die Verbände. Bislang seien diese als Brennstoffe gewertet worden, sodass der auf sie entfallende Rezyklatinput nicht auf die Kunststoffmenge angerechnet werden konnte. Die neuen Regelungen führten dazu, dass Dual-Use-Stoffe in größerem Umfang als Kunststoffe gewertet würden und der berechnete Rezyklatanteil der Kunststoffe noch stärker künstlich erhöht werden könne.
„Die vorgelegten Regelungen zur Massenbilanzierung von Dual-Use-Stoffen stellen eine aufgeweichte Fuel-Use-Exempt-Massenbilanzierung dar“, moniert VOEB-Geschäftsführerin Veronika Wüster. „Dadurch können Anteile als Kunststoffrezyklate ausgewiesen werden, die faktisch zu Fuels umgewandelt wurden.“
Die Verbände kritisieren zudem, dass der Vorschlag zu den Dual-Use-Stoffen nur einen Teil der gesamten Prozesskette, insbesondere das Steamcracking, abdeckt – und dies in einer Weise, die die Komplexität und Vielfalt der unterschiedlichen Betriebsmodi sowie die variierenden Ausbeuten unzureichend berücksichtige.
BDE, bvse und VOEB fordern daher, dass die Massenbilanzierung die Ausbeuten aller einzelnen Prozessschritte korrekt berücksichtigt und die entsprechenden Konversionsfaktoren transparent darlegt. „Aus dem Durchführungsbeschluss muss eine eindeutige Berechnung der anrechenbaren Mengen hervorgehen“, heißt es.