Chinas Exportkontrollen

Chinas Exportbeschränkungen für Seltene Erden machen der deutschen Industrie immer mehr zu schaffen. Inzwischen drohen Lieferunterbrechungen. Besonders betroffen ist die Automobilindustrie.

„Kritisch ist die Lage vor allem bei schweren Seltenen Erden“


Die deutsche Wirtschaft blickt mit wachsender Sorge auf die Exportbeschränkungen Chinas für Seltene Erden und magnetische Materialien. „Kritisch ist die Lage vor allem bei den sogenannten schweren Seltenen Erden, weil China dort rund 70 Prozent der Förderkapazitäten hat“, sagt Christian Grimmelt von der Unternehmensberatung AlixPartners.

Schwere Seltene Erden sind unentbehrlich für die Produktion von Permanentmagneten, die eine Schlüsselkomponente in den meisten Elektromotoren darstellen. Die Abhängigkeit betrifft somit zahlreiche Sektoren, allen voran die für Deutschland zentrale Automobilindustrie.

Grimmelt zeichnet ein düsteres Bild der aktuellen Entwicklung: „Die Seltenen Erden haben das Potenzial, die nächste Chipkrise zu werden – das ist bereits in vollem Gange.“ Nach Angaben der EU-Handelskammer in Peking sind Hunderte von Firmen in Europa von diesen Restriktionen betroffen. Ein gravierendes Problem stelle dabei der Bearbeitungsstau von Exportanträgen bei den chinesischen Behörden dar, der zu erheblichen Verzögerungen führe. Die Auswirkungen dieser Politik seien bereits in den Lieferketten spürbar.

Erste Auswirkungen in den Lieferketten

Anfang April hatte China im laufenden Handelskonflikt mit den USA Ausfuhrkontrollen für sieben Seltene Erden und magnetische Materialien erlassen. Diese Maßnahme gilt allgemein und betrifft somit auch deutsche Unternehmen.

Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 chemischen Elementen. Trotz ihres Namens kommen sie nicht unbedingt selten vor, doch ihr Abbau und ihre Aufbereitung sind komplex und oft umweltschädlich. Aufgrund ihrer einzigartigen magnetischen, leuchtenden und katalytischen Eigenschaften sind sie für eine Vielzahl von Hochtechnologien unverzichtbar. Dazu zählen Elektromotoren, Windkraftanlagen, Unterhaltungselektronik, Medizintechnik und Rüstungsgüter. China hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine quasi-monopolistische Stellung bei der Förderung und vor allem der Verarbeitung dieser Rohstoffe erarbeitet.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz erklärte auf Anfrage, man prüfe die aktuellen Anforderungen und stehe in engem Austausch mit den Zulieferern. Der Konzern wertet die zuletzt wieder häufigere Erteilung von Exportlizenzen durch chinesische Behörden als positives Signal.

Auch Zulieferer wie ZF Friedrichshafen spüren die Verknappung. ZF bezieht Zulieferteile wie Elektromotoren oder deren Komponenten, für deren Herstellung Seltene Erden benötigt werden. „Hier sehen wir erste Auswirkungen in den Lieferketten eines Teils unserer Lieferanten“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Er schloss kurzfristige Lieferunterbrechungen nicht aus.

Doch nicht nur die Fahrzeugbranche ist alarmiert. Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI), warnt: „Die Knappheiten bei seltenen Erden nehmen weiter zu und stellen die Unternehmen vor immer größere Herausforderungen.“ Er fordert ein deutlicheres Eingreifen der EU-Kommission.

320°/dpa/re

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