Biomasseanlage

Ein Nebenprodukt der Lebensmittelherstellung wird zum Hauptbrennstoff: Die Rubinmühle in Lahr nutzt künftig ihre eigenen Haferschalen, um Prozessdampf zu erzeugen.

Wie Haferschalen eine Mühle mit Energie versorgen


Was für viele ein Abfallprodukt ist, wird im badischen Lahr zur Ressource. Bei der Rubinmühle, einem der größten Haferverarbeiter Deutschlands, fallen täglich große Mengen an Haferschalen an. Statt diese wie bisher zu entsorgen, wird das Unternehmen sie künftig in Energie umwandeln.

Den Anstoß für diese strategische Neuausrichtung gab die sinkende Nachfrage nach Futtermitteln, die durch den rückläufigen Fleischkonsum bedingt ist. Bislang wurden die Haferschalen, die rund 30 Prozent der verarbeiteten Hafermasse ausmachen, teilweise in diesem Sektor abgesetzt. Die Suche nach einer alternativen Verwertung führte zur Idee, am Standort Lahr eine Biomasseanlage zu errichten, die etwa 200 Tonnen Hafer pro Tag verarbeiten soll.

„Unabhängiger, nachhaltiger, effizienter“

Die Realisierung des Projekts und den späteren Betrieb übernimmt der Energiedienstleister MVV Enamic, eine Tochtergesellschaft des Mannheimer Energieunternehmens MVV. Geplant ist, die Anlage im April 2027 in Betrieb zu nehmen. Dann soll sie ein bestehendes Holzheizwerk ersetzen und künftig einen Großteil des Dampfbedarfs des Unternehmens decken. Die Investition wird durch das „Bundesprogramm für Energieeffizienz in der Wirtschaft“ (EEW) mit 20 Prozent der Kosten unterstützt.

Laut MVV wird die neue Anlage für eine Leistung von bis zu fünf Tonnen Dampf pro Stunde ausgelegt. Zur Abdeckung von Spitzenlasten und als Reserve ist zudem ein gasbetriebener Kessel vorgesehen. Die Zusammenarbeit ist im Rahmen eines Energieliefervertrags mit einer Laufzeit von 16 Jahren besiegelt. Durch den Ersatz von jährlich rund 24 Gigawattstunden (GWh) Erdgas werden den Angaben zufolge rund 4.800 Tonnen CO₂-Emissionen pro Jahr vermieden. Gleichzeitig reduziert sich der Lkw-Verkehr, da die Haferschalen nicht mehr abtransportiert, sondern direkt vor Ort verwertet werden.

„Die neue Anlage ist für uns ein Meilenstein unserer Energieversorgung“, sagt Christopher Rubin, geschäftsführender Gesellschafter der Rubinmühle. „Sie macht uns unabhängiger, nachhaltiger und effizienter – und das mit einem Rohstoff, der direkt vor Ort in unserer Produktion anfällt.“ 

320°/re

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