Deutsche Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft schöpft langsam wieder Mut. Bislang sind es allerdings nur die Erwartungen, die sich verbessern. Die aktuelle Lage wird nach wie vor verhalten bewertet – vor allem in der Industrie.

Ifo-Geschäftsklima klettert auf höchsten Stand seit Mai 2024


Ein Hauch von Optimismus legt sich über die deutsche Wirtschaft. Das Ifo-Geschäftsklima, Deutschlands wichtigstes Konjunkturbarometer, ist im Juni erneut gestiegen und erreichte mit 88,4 Punkten den höchsten Stand seit Mai 2024. Es ist der sechste Anstieg in Folge, der die Stimmung in den Chefetagen allmählich verbessert. „Die deutsche Wirtschaft schöpft langsam Zuversicht“, kommentierte Clemens Fuest, der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter rund 9.000 Unternehmen.

Die Zuversicht speist sich jedoch vor allem aus der Zukunft. Während die Unternehmen ihre Erwartungen an die kommenden Geschäfte merklich nach oben korrigieren, bewerten sie ihre aktuelle Lage kaum besser als zuvor. Dieser Graben zwischen Hoffnung und Realität zieht sich durch weite Teile der deutschen Unternehmenslandschaft und offenbart eine Konjunktur, die noch auf Impulse wartet.

Besonders stark verbesserten sich die Erwartungen im Dienstleistungssektor. Die Dienstleister blicken mit spürbarem Optimismus in die Zukunft; ihre Erwartungen haben sich so stark verbessert wie in keinem anderen Bereich. In der Industrie hellte sich das Geschäftsklima dagegen nur leicht auf. Laut dem Ifo-Institut sind die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes weiterhin sehr unzufrieden mit dem Auftragsbestand.

Auch im Bauhauptgewerbe setzt sich die Aufwärtsbewegung fort, getrieben von der Hoffnung auf sinkende Zinsen und öffentliche Aufträge. Die Erwartungen der Baubranche kletterten auf den höchsten Stand seit Februar 2022. Dennoch bleibt die Grundstimmung von Skepsis geprägt, und die Einschätzungen zur aktuellen Geschäftslage verharren auf niedrigem Niveau.

„Gute Gründe für vorsichtige Zuversicht“

Generell gebe es gute Gründe für vorsichtige Zuversicht, sagt Jens-Oliver Niklasch, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. Er verweist auf die sinkenden Zinsen, die Kredite verbilligen und Investitionen attraktiver machen. Vor allem aber ist es die Aussicht auf ein von der Bundesregierung geplantes, milliardenschweres Infrastrukturprogramm, das die Fantasie der Unternehmen beflügelt. Ein Risiko für die Konjunktur sieht er jedoch nach wie vor in der Handelspolitik der US-Regierung.

Thomas Gitzel, der Chefvolkswirt der VP Bank, zeigte sich überrascht von der Stimmungsaufhellung angesichts des ungelösten Handelskonflikts mit den USA und der Spannungen im Nahen Osten. „Vermutlich ist es das von der neuen deutschen Bundesregierung lancierte große Infrastrukturprogramm, das die Aussicht auf eine Ankurbelung der Binnenwirtschaft gibt“, so Gitzel. Zusätzlich zu den Investitionen dürfte die ebenfalls geplante steuerliche Entlastung für Unternehmer zur besseren Stimmung beigetragen haben.

320°/re/dpa

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