Altkleidersammlung

Die Erfassung und Verwertung von Alttextilien in Deutschland steht vor dem Kollaps: Erste Entsorgungsunternehmen haben bereits Insolvenz angemeldet. Der bvse fordert, mit einem 7-Punkte-Plan gegenzusteuern.

bvse fordert staatliche Subventionen für Textilrecycling


Deutschland sammelt Alttextilien wie kaum ein anderes Land, in diesem Jahr werden es voraussichtlich rund 1,5 Millionen Tonnen sein. Doch die Erfassung und Verwertung stehen kurz vor dem Kollaps. Wie der bvse-Fachverband Textilrecycling mitteilt, haben bereits mehrere Dienstleister Insolvenz angemeldet, was zu Entsorgungsproblemen in vielen Regionen Deutschlands führt. „Das System ist angeschlagen und vom Zusammenbruch bedroht.“

Ein Kollaps des Systems wäre sehr wahrscheinlich nicht zu reparieren, warnt der bvse. „Ein Zusammenbruch wäre weder ökologisch noch ökonomisch verkraftbar und muss mit allen Mitteln verhindert werden“, sagt Stefan Voigt, bvse-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachverbands.

Die Konsequenz eines solchen Systemversagens wäre ein drastischer Anstieg der Abfallmengen, die der thermischen Verwertung zugeführt werden müssten. Bestehende Alternativen könnten die Lücke nicht füllen. „Ein Ersatz durch Rücknahmesysteme der Hersteller oder vereinzelte Abgabestellen in Wertstoffhöfen kann hier nur sehr wenig ausgleichen und nur einen Bruchteil der benötigten Sammelkapazitäten bereitstellen“, stellt Voigt klar.

Um das Szenario abzuwenden, hat der Verband ein Positionspapier vorgelegt. Im Kern fordert die Branche eine zweigleisige Lösung: eine finanzielle Soforthilfe zur Überbrückung sowie die beschleunigte Einführung einer langfristigen gesetzlichen Regelung. Insgesamt sind es sieben Forderungen, die der bvse stellt:

  • Zuzahlungen für die Branche

Laut bvse benötigt das System der Altkleidererfassung und -verwertung die finanzielle Unterstützung des Staates – zumindest solange, bis die geplante erweiterte Herstellerverantwortung umgesetzt wird. Doch das dürfte nach Einschätzung des bvse nicht vor 2027 oder 2028 der Fall sein. Zudem müssten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (ÖrE) die Sammelleistung als Dienstleistung angemessen vergüten.

  • Angemessene Bezahlung der Dienstleistung der Abfallentsorgung

Da ein Verwertungserlös für tragbare Textilien und Schuhe kaum noch zu erzielen sei und die Kosten für Erfassung der Textilien deutlich über dem aktuellen Marktpreis von Originalware liegen, müsse der Aufwand für die Dienstleistung „nachvollziehbar“ vergütet werden, so der bvse. Denkbar sei eine transparente Abrechnung der Dienstleistungskosten inklusive der Entsorgungskosten nicht textiler Abfälle sowie eine transparente Abrechnung der Erträge.

  • Priorisierung des Gesetzgebungsprozesses zur Einführung des EPR für Textilien und Schuhe

Der Gesetzgebungsprozess für die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) sollte noch vor der Sommerpause beginnen, fordert der bvse. Weitere Verzögerungen dürfe es nicht geben.

  • Vertragliche, regelmäßige Preisanpassungen gemäß mittlerem Euwid

Um bei laufenden Verträgen auf die volatile Marktlage reagieren zu können, schlägt der Verband zudem eine Indexbindung der Preise an den Branchenindex Euwid vor.

  • Kostenfreie Übernahme der Fehlwürfe und Störstoffe

Ein stetig wachsender Anteil an Fremdstoffen und Abfällen in den Sammelcontainern belastet die Unternehmen zusätzlich. Laut bvse beträgt dieser Anteil an Fehlwürfen annähernd 50 Prozent. Der Verband fordert daher, Möglichkeiten für eine kostenfreie Übernahme dieser Störstoffe zu schaffen, um die sammelnden Betriebe zu entlasten.

  • Gleichstellung aller Beteiligten im Sammel- und Verwertungssystem

Nicht zuletzt appelliert der bvse an die Politik, für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Eine Bevorzugung kommunaler oder karitativer Akteure, wie sie jüngst diskutiert wurde, würde das empfindliche Gesamtsystem zerstören und weitere Insolvenzen nach sich ziehen.

  • Verbesserung der Bürgerinformation zur Abfallvermeidung durch den ÖrE und der Kommunen

Gleichzeitig müsse die Aufklärung der Bürger durch die Kommunen deutlich verbessert werden. Eine gezieltere Information, etwa über Abfallratgeber, soll dem Missbrauch der Sammelcontainer als Müllentsorgungsstellen entgegenwirken. Die illegale Abfallentsorgung an den Standorten habe ein Ausmaß erreicht, das in den Kommunen für katastrophale Erscheinungsbilder sorge.

320°/re

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