Shredderleichtfraktion

Ein Industriebündnis hat einen Weg gefunden, aus der schwer recycelbaren Shredderleichtfraktion ein Kunststoffrezyklat für die Automobilindustrie herzustellen. Das Ergebnis ist eine Unterbodenverkleidung mit einem deutlich geringeren CO2-Fußabdruck.

Eine Unterbodenverkleidung aus Kunststoffrezyklat


Auf der Werkstoffmesse „Materialica“ nahmen Vertreter von Mercedes-Benz und seinen Partnern am Dienstagabend eine begehrte Auszeichnung entgegen. Die Jury des Design + Technology Awards würdigte in der Kategorie Prozess die Entwicklung einer Unterbodenverkleidung, die vollständig aus Kunststoffkonzentrat von Altfahrzeugen besteht.

Entwickelt wurde das Bauteil in einer Kooperation des Stuttgarter Autobauers mit dem Kunststoffspezialisten Mocom, dem Recyclingunternehmen HKS und dem Automobilzulieferer Autoneum. Die technische Grundlage bildet ein neuartiges Kunststoff-Compound namens Wipaflex PCR-PP-GF20. Die Abkürzung PCR steht für Post-Consumer-Rezyklat, also Material, das nach seiner Nutzung durch den Endverbraucher wiederaufbereitet wird. In diesem Fall handelt es sich um Polypropylen, das mit 20 Prozent Glasfasern verstärkt ist, um die nötige Stabilität für ein langlebiges Autoteil zu gewährleisten.

Der Rohstoff für dieses Granulat wird aus der Shredderleichtfraktion gewonnen, einem Gemisch aus Kunststoffen, Textilien und anderen leichten Materialien, das nach dem Zerkleinern von Altfahrzeugen und der Abtrennung der Metalle übrig bleibt. Das zur TSR-Gruppe gehörende Unternehmen HKS bereitet diese Kunststoffkonzentrate auf und liefert sie an den Compoundeur Mocom. Dort wird das Material zu dem Wipaflex-Compound veredelt.

Die Herstellung des finalen Bauteils erfolgt schließlich beim Zulieferer Autoneum. In einem speziellen LFT-D-Pressverfahren (Langfaserverstärkter Thermoplast-Direkt-Pressverfahren) wird das Granulat von Mocom zur fertigen Unterbodenverkleidung geformt.

Deutliche CO2-Einsparung

Der Einsatz dieses Recyclingmaterials hat signifikante ökologische Vorteile. Allein bezogen auf den Werkstoffeinsatz sinke der CO2-Fußabdruck der Unterbodenverkleidung im Vergleich zu einem Bauteil aus Neuware um mehr als ein Drittel, berichtet Mocom. Automobilhersteller können so ihre Lieferketten dekarbonisieren und die eigene Klimabilanz verbessern.

Gleichzeitig berücksichtigt das Projekt die sich verschärfende Gesetzgebung. Die Europäische Union plant die Novelle der Altfahrzeug-Verordnung, die voraussichtlich höhere Recyclingquoten und einen verbindlichen Mindestanteil an Rezyklaten in Neufahrzeugen vorschreiben wird.

Künftige Regelungen könnten fordern, dass 25 Prozent der Kunststoffe in einem Neuwagen aus recyceltem Material bestehen müssen, wovon wiederum ein Viertel aus Altfahrzeugen stammen soll. Die Novelle befindet sich noch im Gesetzgebungsprozess, Details wie Zeitrahmen und spezifische Quoten werden noch im Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission abgestimmt.

320°/re

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