Circular Economy

Über 90 Prozent der österreichischen Firmen planen die Kreislaufwirtschaft. Doch das Bild täuscht. Denn die tatsächlichen Investitionen sind rückläufig, wie der neue „Circular Economy Barometer“ der ARA zeigt. Das betrifft vor allem kleinere Unternehmen.

Kreislaufwirtschaft in Österreich: Investitionen gehen zurück


Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit in Österreichs Kreislaufwirtschaft wächst. Obwohl die strategische Planung für zirkuläres Wirtschaften in den Unternehmen zunimmt, gehen die tatsächlichen Investitionen zurück. Das geht aus dem siebten „Circular Economy Barometer“ der Altstoff Recycling Austria (ARA) hervor.

Laut dem Barometer, ein seit 2019 erhobener Index zum Status der Kreislaufwirtschaft (CE), nutzen oder planen 91 Prozent der österreichischen Unternehmen die Umsetzung der Circular Economy. De facto investieren aber nur noch 65 Prozent der Unternehmen in die Kreislaufwirtschaft, nach 76 Prozent im Vorjahr.

Die Zurückhaltung macht sich vor allem bei kleineren Unternehmen bemerkbar. Während große Betriebe ihre Investitionsbereitschaft mit 84 Prozent nahezu auf dem Niveau des Vorjahres halten (87 Prozent), investieren bei kleinen Unternehmen nur noch 46 Prozent in zirkuläre Maßnahmen.

Rohstoffabhängigkeit als Treiber

Die Zurückhaltung bei Investitionen trifft auf ein Umfeld hoher Dringlichkeit. Fast die Hälfte der Unternehmen (44 Prozent) bezeichnet sich als stark von Rohstoffimporten aus dem Ausland abhängig. Über die Hälfte sieht es daher als wesentlich an, die eigene Versorgung unabhängiger zu gestalten und stärker auf nationale Rohstoffe zuzugreifen.

Die größten Potenziale sehen die Betriebe dabei in der forcierten Wiederverwendung (ReUse) von Produkten (69 Prozent) und der Reduktion von Abfällen (58 Prozent). Jedes zweite Unternehmen setzt zudem auf den verstärkten Einsatz von Recyclingmaterial, um die Abhängigkeit von Primärrohstoffen zu verringern.

„Trotz angespannter Wirtschaftslage mit schwankender Zollpolitik und steigenden Energiekosten erkennen Unternehmen die große Chance in der Wiederverwendung, Abfallreduktion und dem Einsatz von Recyclingmaterial“, kommentiert Harald Hauke, Vorstandssprecher der ARA, die aktuellen Zahlen. Regulatorien wie das EU-Kreislaufwirtschaftspaket oder der Clean Industrial Deal setzten hierfür wesentliche Rahmenbedingungen.

Laut dem Barometer ist die strategische Bedeutung der Kreislaufwirtschaft inzwischen in den Chefetagen angekommen. Bei 84 Prozent der Firmen ist demnach das Thema bei der Geschäftsführung angesiedelt, große Konzerne unterhalten teils eigene Stabsstellen. Der Anteil der Unternehmen, die die Circular Economy bereits aktiv nutzen (83 Prozent) oder planen (8 Prozent), ist hoch.

Bei den konkreten Aktivitäten dominieren das Abfallmanagement (99 Prozent) und die -vermeidung (91 Prozent). Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) spielt mit 14 Prozent noch eine untergeordnete Rolle, wird aber bereits von einem Drittel der Großbetriebe genutzt.

Bürokratie und Kosten als größte Hindernisse

Doch trotz der strategischen Verankerung bremsen strukturelle Hürden die Umsetzung. „71 Prozent wünschen sich Unterstützung bei der finanziellen Förderung sowie beim Know-how-Transfer“, erklärt Anna Kulnig, Senior Client Business Partner beim Marktforschungsinstitut NIQ/GfK, das die Daten erhoben hat. „Besonders kleinere Betriebe benötigen gezielte Unterstützung, während größere Unternehmen vermehrt externe Partner zur rechtskonformen Umsetzung sowie zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit einbinden.“

Als weiteres Hindernis nennen 22 Prozent der Unternehmen die Bürokratie und die komplexe Gesetzgebung. Bei den Großbetrieben sind es sogar 45 Prozent. Für 23 Prozent der kleinen Betriebe sind auch die Kosten ein zentrales Hindernis.

„Kreislaufwirtschaft ist in Österreich auf dem Vormarsch, doch ihr Erfolg hängt maßgeblich von gezielter Unterstützung, klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen und wirtschaftlicher Machbarkeit ab“, mahnt ARA-Vorstandssprecher Hauke. „Um eine sichere und unabhängige Versorgung mit Rohstoffen gewährleisten zu können, reicht es nicht aus, dass Veränderung in kleinteiligen Schritten passiert.“ Es brauche einen systematischen Wandel hin zu einem „effizienten und nachhaltigen Umgang mit Ressourcen sowie einen starken inländischen und europäischen Rezyklatmarkt“.

320°/sr

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