Umfrage unter CFOs
Die Hoffnung auf eine bessere Konjunktur in Deutschland ruht vor allem auf den neuen Fiskalpakten der Bundesregierung. Doch eine aktuelle Umfrage sorgt für Ernüchterung – vor allem in der Industrie.
Standort Deutschland verliert dramatisch an Ansehen
Die jüngst beschlossenen Investitionspakete der Bundesregierung für Infrastruktur und Verteidigung drohen in der Wirtschaft weitgehend wirkungslos zu verpuffen. Laut einer aktuellen Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte, für die 171 Finanzvorstände (CFOs) befragt wurden, erwarten 56 Prozent keinen merklichen Effekt. Besonders im verarbeitenden Gewerbe ist die Ernüchterung groß: Drei Viertel der Unternehmen (74 Prozent) rechnen mit keinerlei spürbaren Auswirkungen. Über alle Branchen hinweg gehen nur 14 Prozent davon aus, direkt von den Investitionen zu profitieren.
Die Skepsis zieht sich vor allem durch den Mittelstand: Nur 39 Prozent der Unternehmen dieser Größe erwarten positive Einflüsse, während es bei Großunternehmen immerhin 55 Prozent sind. „Öffentliche Investitionen sind ein gutes Signal, aber ganz offensichtlich noch zu unkonkret für die CFOs“, analysiert Markus Seeger, Director bei Deloitte.
Insgesamt hat sich die Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort deutlich verschlechtert. Branchenübergreifend bewerten 55 Prozent der Finanzchefs die Rahmenbedingungen als weniger attraktiv als noch vor zwei Jahren. Im exportstarken Maschinenbau zeichnet sich mit 77 Prozent Negativbewertungen ein besonders düsteres Bild ab.
Auch die Hoffnung, dass geopolitische Krisen den Standort Deutschland als „sicheren Hafen“ stärken könnten, bestätigt die Umfrage nicht: Nur 27 Prozent der Firmen geben an, dass der Standort durch die Unsicherheit im Ausland attraktiver geworden ist.
Industrie droht abzuwandern
Diese Entwicklung könnte drastische Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben. Während aktuell noch 85 Prozent der befragten Unternehmen ihren Hauptsitz in Deutschland haben, planen dies in zwei Jahren weniger als die Hälfte (47 Prozent). Noch dramatischer ist die Prognose für das verarbeitende Gewerbe: Während Deutschland heute für 77 Prozent der Unternehmen als Produktionsstandort gilt, sind es in der Prognose nur noch 28 Prozent.
„Die Stimmung der CFOs kommt, trotz leichter Verbesserung zum Frühjahr, nicht aus der Talsohle, vor allem wenn es um den Standort Deutschland geht“, sagt Alexander Börsch, Chefökonom bei Deloitte. Deutschland sei aktuell für viele zwar noch ein Zentrum. Mittelfristig stehe jedoch zu befürchten, „dass wesentliche Teile der Wertschöpfung in andere Länder abwandern, wenn die Standortattraktivität nicht wieder zunimmt.“
Asien wird attraktiver
Der Blick der deutschen Unternehmen wandert stattdessen zunehmend ins Ausland, allen voran nach Asien. So ist Indien für 46 Prozent der Firmen aus der Automobilindustrie attraktiver geworden, während Südostasien für 40 Prozent der Maschinenbauer an Bedeutung gewinnt.
Bemerkenswert ist dabei die Retrospektive: Nur 16 Prozent aller Befragten sind der Meinung, sie hätten rückblickend zu wenig in Deutschland investiert. Im Gegenteil, 40 Prozent der Automobil- und 44 Prozent der Tech-Unternehmen hätten ihr Engagement im Ausland lieber schon früher ausgebaut.




